ARABER IN ISRAEL
Hin- und hergerissen zwischen zwei Welten
Der Krieg von 1948 schuf eine besondere Situation: Inmitten des jüdischen Staates Israel lebt eine arabische Minderheit, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2007 auf 20 Prozent angewachsen ist. Jene Araber, die sich 1948 entschieden, in ihrer Heimat zu bleiben und die israelische Staatsbürgerschaft anzunehmen, behielten ihre engen emotionalen, nationalen, kulturellen und religiösen Bindungen zur arabischen Außenwelt bei. Dies führte in vielen Fällen zu einer akuten nationalen Identitätskrise, die aufgrund widerstreitender Loyalitäten zwischen Israel und der arabischen Welt hin- und hergerissen waren.
Widerstreitende Grundsätze Israel seinerseits sah sich der schwierigen Situation gegenüber, die Sicherheitsbedürfnisse des jüdisch-zionistischen Staates mit den Grundsätzen einer liberalen Demokratie zu vereinbaren, die die Gleichheit aller Bürger - Juden und Araber - vorsah.
Dieses Dilemma, das auf jüdischer und arabischer Seite besteht, hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verschärft; die Spannungen zwischen Arabern und Juden in Israel haben weiter zugenommen. Die 2003 ins Leben gerufene "Or-Kommission", die zur Untersuchung der Aufstände im Oktober 2000 eingesetzt wurde, bei denen zwölf arabische Bürger durch die Polizei getötet wurden, versuchte auf ihre Weise, Spannungen abzubauen. Sie appellierte immer wieder an die Regierung, die Kluft zwischen den Bevölkerungsgruppen zu verringern. Getan hat sich kaum etwas. Vielmehr ist die sozioökonomische Kluft zwischen Juden und Arabern immer größer geworden. Das schürt Wut und Enttäuschung der Araber.
Zwischen Dezember 2006 und Mai 2007 veröffentlichten verschiedene arabische nichtstaatliche Organisationen Positionspapiere über den Status der Araber in Israel - ein Meilenstein im Hinblick auf die Entfaltung des Nationalbewusstseins der arabischen Gemeinschaft. Diese "Future Vision"-Dokumente sind ein Wendepunkt in der Geschichte der Beziehungen zwischen Juden und Arabern in Israel, da sie das 1948 im Rahmen der Gründung Israels als jüdisch-demokratischem Staat formulierte Paradigma verwerfen. Stattdessen wird vorgeschlagen, das derzeitige System in Israel durch eine "Konkordanzdemokratie" also einen binationalen Staat, zu ersetzen.
Die Beziehungen zwischen Minderheit und Mehrheit in Israel müssen neu definiert werden, um eine Bedrohung für die jüdische Öffentlichkeit zu verhindern und das Vertrauen der arabischen Öffentlichkeit zu stärken. Besonderes Augenmerk muss auf die Entwicklung eines integrierten Modells, das auf Gleichheit und Toleranz sowie gegenseitige Achtung und Würde beruht, und die Anerkennung der Rechtmäßigkeit und des Rechts auf die gemeinsame Existenz beider Bevölkerungsgruppen gerichtet werden.
Auch wenn dieser neue "contrat social" nicht das Problem der nationalen Identität der Araber in Israel zu lösen vermag, kann er zum Abbau der Spannungen beitragen und das gewaltfreie Streben nach gegenseitigem Verständnis fördern.
Der Autor ist Senior Research Fellow am Dayan Center for Middle Eastern Studies an der Universität Tel Aviv.