Wer wollte bestreiten, dass neue Medikamente das Leben verlängern und die Lebensqualität verbessern? Wer wollte bestreiten, dass inzwischen Krankheiten behandelt werden können, die noch vor Jahren umgehend zum Tod führten? Dies rechtfertigt jedoch nicht den Machbarkeitswahn, der die Medizin beherrscht. Embryonale Stammzellen werden zu Forschungszwecken verbraucht - mit weit hergeholten Heilsversprechen. In den USA sind Kinder mit dem Ziel gezeugt worden, später als Spender von Knochenmark zu dienen. Viele Eltern träumen von Designerbabys mit dem Genbestand ihrer Wunscheltern. Dahinter lauert der Albtraum vom perfekten Menschen. Und auch in Krankenhäusern und Arztpraxen werden die Menschen schon bei geringen Symptomen durch aufwändige Untersuchungen geschleust. Nach dem Motto: Gesund ist nur, wer noch nicht richtig untersucht wurde.
Die ethische Frage, ob alles gemacht werden soll, was gemacht werden kann, läuft der Entwicklung ständig hinterher. Der Grund liegt in der Ökonomisierung der Medizin: Patente, biomedizinische Unternehmen, Apparate, aufwendige Untersuchungen - all das bringt viel Geld. Ärzte, die sich um die nervende Diabetes ihrer Patienten, ihr quälendes Asthma, ihre schmerzende Arthrose oder in intensiven Gesprächen um ihre psychischen Probleme kümmern, können kaum überleben. Der Mensch im Mittelpunkt der Medizin - das scheint derzeit kaum machbar.