fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG an dieser Stelle und lädt Sie ein, interessanten Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte im Wortlaut wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe präsentieren wir das Zitat eines Mitglieds des Bundestages, das in der Geschichte Deutschlands seine Spuren hinterlassen hat. Wer hat's gesagt? Schreiben Sie uns die Lösung und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.
Dieser Satz in einem Zeitungsinterview löste 1993 auf einem
Bundesparteitag einen Eklat aus. Der Mann, der mit dieser
Formulierung ein Tabu der Partei gebrochen hatte, erinnerte sich
später, er sei dafür „von der Bühne gebuht und
gepfiffen” worden.
Der heftige innerparteiliche Streit hatte sich an den Kriegen
entzündet, die Anfang der 90er-Jahre den Zerfall des
Vielvölkerstaates Jugoslawien begleiteten. Die blutigste
Auseinandersetzung lieferten sich die in Bosnien lebenden
Volksstämme. Als immer deutlicher wurde, dass die sogenannten
„ethnischen Säuberungen” Vertreibung,
Vergewaltigung und Massenmord bedeuteten, wurde im Westen die
Forderung nach militärischem Eingreifen immer lauter.
Ihnen schloss sich auch der 1941 in Rostock geborene Physiker an,
der bei der ersten gesamtdeutschen Wahl im Dezember 1990 in den
Bundestag gekommen war. Für den politischen Querkopf war die
Außenseiterrolle nicht neu. Nach der Niederschlagung des
„Prager Frühlings” durch den Warschauer Pakt 1968
war er in offene Opposition zu den Machthabern in der DDR gegangen.
1976 protestierte er in einem Brief an Staats- und Parteichef Erich
Honecker gegen die Ausbürgerung seines Freundes Wolf Biermann.
Die Antwort des Regimes: Die Akademie der Wissenschaften in Berlin
nahm ihre Beschäftigungszusage an ihn zurück. Der
diplomierte Naturwissenschaftler musste daraufhin jahrelang seinen
Lebensunterhalt als Maschinist im Keller einer Berliner
Schwimmhalle verdienen.
Er ließ sich jedoch nicht einschüchtern. Zusammen mit
seiner Frau organisierte er Treffen unabhängiger Künstler
und pflegte Kontakte zur tschechoslowakischen
Bürgerrechtsbewegung „Charta 77”. An deren Zielen
orientierte sich die von ihnen 1985 mitgegründete
„Initiative Frieden und Menschenrechte”. Der
Bürgerrechtler gehörte zu den am besten überwachten
Oppositionellen des Landes — insgesamt 44 inoffizielle
Mitarbeiter der Staatssicherheit bespitzelten ihn über Jahre
hinweg. Er galt als einer der geistigen Väter der friedlichen
Revolution im Herbst 1989, wirkte am zentralen runden Tisch mit und
wurde im Februar 1990 als Minister ohne Geschäftsbereich in
die von Hans Modrow geführte Übergangsregierung
berufen.
Beharrlichkeit führte ihn auch später zum Ziel. Schon
eineinhalb Jahre nach dem Parteitagseklat wurde er zum
außenpolitischen Sprecher seiner Fraktion gewählt. Eine
„besonders originelle biografische Wendung” erlebte er
1999 als Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung: Da bezog
er in Berlin ein Büro in dem Gebäude, in dem vorher das
Zentralkomitee der SED zu Hause war.
Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 13. August 2008
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Einsendeschluss: 29. August 2008.
Unter den richtigen Einsendungen werden fünf Preise verlost.
Der Hauptgewinn ist eine Reise für zwei Personen nach Berlin.
Die Lösung des Rätsels in Ausgabe 01-2008 lautet:
Annemarie Renger. Eine Reise nach Berlin hat Harry Drews
aus Wilhelmshaven gewonnen.