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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Eine Sitzungswoche im Bundestag
Gültig ab: 27.06.2004 00:00
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Eine Sitzungswoche im Bundestag

Bild: Manfred Grund, CDU/CSU, vor Mikrofon
11.00 Uhr - Manfred Grund, CDU/CSU, gibt in der Westlobby des Reichstagsgebäudes ein Interview.

Bild: Gustav Herzog, SPD, mit Akten unter dem Arm
12.00 Uhr - Gustav Herzog, SPD, auf dem Weg in sein Büro.

Bild: Jörg van Essen, FDP, mit Unterlagen unter dem Arm
14.00 Uhr - Jörg van Essen, FDP, auf dem Weg zum Ältestenrat.

Bild: Hans-Peter Kemper, SPD, mit Stift vor der Liste
14.00 Uhr - Hans-Peter Kemper, SPD, trägt sich in die Anwesenheitsliste zur Sitzung des Ältestenrats ein.

Bild: Claudia Nolte, CDU/CSU, mit Unterlagen in den Händen
17.00 Uhr - Claudia Nolte, CDU/CSU, bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Bild: Michaele Hustedt, Bündnis 90/Die Grünen, am Rednerpult
18.30 Uhr - Michaele Hustedt, Bündnis 90/Die Grünen, spricht im Plenum.

Donnerstag

Ganz im Zeichen des Plenums steht in Sitzungswochen der Donnerstag. In der Frühe gibt es noch die Gelegenheit zu einer Morgenandacht, dann eröffnet der Bundestagspräsident oder einer seiner Stellvertreterinnen und Stellvertreter um Punkt neun Uhr die Plenarsitzung. In der Regel wird sie frühestens zwölf Stunden später erst wieder geschlossen, häufig genug aber erst nach 14 oder gar 16 Stunden. Allein diese zeitliche Dimension macht klar, dass es nur ein Missverständnis sein kann, wenn das Publikum, unterstützt von gängigen Medienklischees, immer wieder die möglichst vollständige Präsenz der Abgeordneten während der Plenarsitzungen erwartet. 16 Stunden pausenlos nur sitzen und zuhören – das wäre kaum zu verantworten. Und es käme auch einer Teilblockade des Parlaments gleich, wenn während der gesamten Zeit aller Plenardebatten immer sämtliche 602 Abgeordneten ihre Arbeit einstellen würden.

Natürlich ist der umgekehrte Schluss nicht minder problematisch. Die öffentliche Debatte hat einen zentralen Stellenwert in der parlamentarischen Demokratie. Deshalb gibt es donnerstags von 9 bis 14 Uhr zunächst die so genannte Kernzeit. Dafür werden Themen vorgesehen, die von breitem öffentlichen Interesse sind und die deshalb auch vor vielen Abgeordneten behandelt werden sollen. Danach jedoch spielt sich über den weiteren Verlauf des Nachmittags, Abends und mitunter auch der Nacht ein häufiger „Schichtwechsel“ ab. Stehen innenpolitische Themen an, füllt sich der Plenarsaal mit Innenpolitikern, folgt eine bildungspolitische Debatte, nehmen vor allem Bildungspolitiker Platz, während einer verteidigungspolitischen Beratung sieht man vor allem Fachleute für Bundeswehr sowie Außen- und Sicherheitspolitik in den Abgeordnetenbänken.

Diese gewöhnliche Arbeitsteilung bedeutet jedoch nicht, dass die anderen Abgeordneten derweil nach Hause fahren oder auf Reisen gehen. Sie bleiben auf Rufweite und verfolgen während des Aktenstudiums und während des Erledigens von Korrespondenz und von Telefonaten an ihrem Schreibtisch den Gang der Debatte über das Hausfernsehen, damit sie bei Bedarf, etwa bei anstehenden Abstimmungen, schnell wieder im Plenarsaal sein können. Der Ältestenrat nutzt die frühen Nachmittagsstunden, um über die Themen der folgenden Sitzungswoche zu beraten, Parlamentariergruppen stimmen sich ab, und immer wieder treffen Abgeordnete auch mit Besuchergruppen aus ihren Wahlkreisen zusammen. Nur Ausschusssitzungen dürfen an Donnerstagen gewöhnlich nicht stattfinden, um Kollisionen mit dem Plenargeschehen von vornherein zu vermeiden. Ausnahmen gelten für den Haushaltsausschuss während der Vorbereitungen des Bundeshaushaltes, da sein Pensum sonst nicht zu schaffen wäre, und für Sondersitzungen, etwa wenn eilige Beschlüsse vorzubereiten sind, zum Beispiel für die Entsendung von Bundeswehrsoldaten.

Rhetorisches Geschick

Längst überholt ist auch das Klischee, dass Bundestagsdebatten per se langweilig seien. Es gibt zwar immer noch viele Abgeordnete, die Teile ihrer Beiträge vom Blatt ablesen und aus Furcht, in ihrer kurzen Redezeit nicht alle ihnen wichtigen Aspekte ansprechen zu können, in Windeseile durch ihr Manuskript rattern. Aber grundsätzlich macht es auch den Politikern selbst mehr Freude, wenn sie rhetorisch geschickt und immer wieder spontan die argumentativen Klingen kreuzen. Die Neuerungen in der Geschäftsordnung haben für ein abwechslungsreiches Debattenklima gesorgt: Zwischenfragen lohnen sich für beide Seiten und bringen den Kern des jeweiligen Konflikts oft auch für die Zuschauer sehr plastisch auf den Punkt. Während der Zwischenfragen und deren Beantwortung wird die Uhr der ablaufenden Redezeit gestoppt. Wer sich also auf eine Auflockerung einlässt, kann nur gewinnen. Hinzugetreten ist auch das Instrument der Kurzintervention: Wenn ein Redner einen anderen Politiker angesprochen hat, kann dieser sofort im Anschluss darauf reagieren und muss nicht warten, bis er zufällig irgendwann an der Reihe ist. Er kann bis zu drei Minuten lang reagieren – und anschließend hat der andere Redner noch einmal die Gelegenheit zur Stellungnahme.

Weil viele Dutzend Gesetze gleichzeitig in der parlamentarischen „Pipeline“ stecken und ihre Beschlussfassung im Plenum oft langfristig geplant wird, können allgemeine öffentliche Debatte und parlamentarische Beratung in den verschiedenen Lesungen auseinander fallen. Um trotzdem die Nation bewegende Ereignisse und Entwicklungen zeitnah im Bundestag aufgreifen zu können, wird häufig auf das Instrument der „Aktuellen Stunde“ zurückgegriffen. Wenn sich dabei noch größerer Gesprächsbedarf zeigt, kann die Stunde auch verlängert und zu einer regulären Debatte ausgeweitet werden. Es gibt ein jederzeitiges Rederecht für Mitglieder der Bundesregierung und Mitglieder des Bundesrates. Doch die Chancengleichheit ist jederzeit gegeben. Geschieht dies außerhalb der Tagesordnung oder nach Ablauf der regulären Redezeit, so kann umgehend eine neue Ausspracherunde eröffnet werden.

Die Redebeiträge werden grundsätzlich so platziert, dass möglichst Regierung und Opposition im Wechsel zu Wort kommen. Die Großen mehr, die Kleinen weniger. Dafür gibt es die „Berliner Stunde“, die sich in der 15. Wahlperiode aus 32 Minuten für die Regierung und 30 für die Opposition zusammensetzt; dabei werden die Reden der Bundes- und Landesminister ihren Bundestagsparteien zumeist zugerechnet. Und auch der „Berliner Tag“ ist häufig nicht um 21 Uhr zu Ende. Selbst wenn die Sitzung vor Mitternacht beendet wird, geht es mit Nach- und Vorbereitung weiter.

Text: Gregor Mayntz
Fotos: Phalanx Fotoagentur

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Plenum: Plenum bedeutet so viel wie Vollversammlung: Es ist die Zusammenkunft aller Mitglieder des Bundestages im Plenarsaal. Das Plenum ist das Zentrum des Bundestages und die entscheidende Instanz. Hier wird der Bundeskanzler gewählt, hier werden die Bundesminister vereidigt, hier werden die Gesetze beschlossen und hier ist das „Forum der Nation“, in dem alle wichtigen Auseinandersetzungen ausgetragen werden.

Ältestenrat: Möglichst erfahrene Abgeordnete sitzen im Ältestenrat, der die Abläufe zentral steuert. Der Ältestenrat besteht aus dem Präsidium und weiteren Mitgliedern nach der Stärke der Fraktionen. Der Ältestenrat legt die Tagesordnungen der Plenarsitzungen fest, beschließt über innere Angelegenheiten (etwa Haushaltsplan) des Bundestages und wirkt schlichtend und klärend nach turbulenten Sitzungen. Auch ein Vertreter der Bundesregierung nimmt an den Sitzungen teil.

Lesungen: Bevor ein Entwurf Gesetz wird, durchläuft er drei Beratungen im Plenum. Die erste Lesung dient der Vorstellung des Entwurfs, bevor er in die Ausschüsse überwiesen wird. In der zweiten Lesung wird der Entwurf zusammen mit den Änderungsvorschlägen der Fachausschüsse erneut besprochen. Jeder Abgeordnete kann zusätzliche Änderungen beantragen. Im abschließenden, dritten Durchgang folgt die Schlussabstimmung.


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