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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Ein Neuanfang zum runden Geburtstag
Gültig ab: 06.08.2009 10:27
Autor: Gregor Mayntz
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Ein Neuanfang zum runden Geburtstag

Wehrbeauftragte aus 18 Ländern in Berlin
Erstmals treffen sich Wehrbeauftragte aus 18 Ländern in Berlin
© DBT/Marc Steffen Unger

Treffen der Wehrbeauftragten

Sie heißen Ombudsleute und Beschwerdekommissar, Generalkontrolleur und Volksanwalt – und sie haben oft ganz unterschiedliche Befugnisse. Der Wehrbeauftragte, so wie er in Deutschland genannt wird, ist Anwalt der Soldaten und zugleich ein Hilfsorgan des Parlaments bei der Kontrolle der Streitkräfte. Im Mai trafen sich die Wehrbeauftragten aus 18 Ländern zur ersten gemeinsamen Konferenz in Berlin.

Fünfzig Jahre hat der Bundestag nun bereits seinen Wehrbeauftragten. Anlass nicht nur, wie Bundespräsident Horst Köhler betonte, „mit Stolz” auf das Wirken jener Amtsinhaber zurückzublicken, durch die die Institution „unverzichtbar wichtig” geworden sei. Sondern Grund genug, auch ein neues Projekt zu starten: Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Reinhold Robbe lud mit Unterstützung des Genfer Zentrums für demokratische Streitkräftekontrolle erstmals alle Ombudsleute der Welt mit vergleichbaren Aufgaben zu einer Konferenz nach Berlin ein. Ziel: sich und Situationen, Möglichkeiten und Probleme in den einzelnen Staaten besser kennenzulernen. Fernziel: zu einem gemeinsamen „Standard für alle in internationalen Verbänden agierenden Soldatinnen und Soldaten” zu gelangen, so Robbe.

Unangemeldete Besuche

Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages Reinhold Robbe
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Reinhold Robbe
© DBT/Marc Steffen Unger

Der Wehrbeauftragte in Deutschland ist, wie Robbe den Vertretern aus 18 Staaten erläuterte, „eine Antwort auf die schlimmen Erfahrungen der dunkelsten Epoche deutscher Geschichte”. Er achtet darauf, dass die Grundrechte der Soldaten gewahrt bleiben und die Grundsätze der so genannten Inneren Führung eingehalten werden. „Unsere Soldatinnen und Soldaten sind zugleich Bürger”, sagte der Bundespräsident beim Empfang der Ombudsleute im Schloss Bellevue. „Sie kennen mehr als Befehl und Gehorsam, sie lassen sich von Vernunft leiten und sie wissen um den Wert von gegenseitigem Respekt und Kameradschaft.”

Durch unangemeldete Besuche mache er sich als Wehrbeauftragter immer wieder ein „ungeschminktes” Bild vom Zustand der Truppe, erläuterte Robbe. Und jedes Jahr besuche er die Soldaten bei ihren wichtigsten Auslandseinsätzen. Dabei wächst von Mal zu Mal die Überzeugung, dass ein spezieller Umstand multinationaler Einsätze noch zu wenig Beachtung findet: „Wenn es um die politischen, sozialen oder dienstrechtlichen Verhältnisse der Soldatinnen und Soldaten geht, sind immer häufiger Gremien auf internationaler Ebene beteiligt”, sagte Robbe. Und sein Leitender Beamter Friedhelm Dreyling verwies auf Probleme, die sich daraus ergeben könnten, dass in solchen multinationalen Einsätzen „verschiedene Führungskulturen aufeinandertreffen”. Konkret: Da sich die Zuständigkeit des Wehrbeauftragten nur auf die Bundeswehr beziehe, könne er nicht genügend darauf einwirken, dass Fehlverhalten von Vorgesetzten aus anderen Ländern geahndet wird.

Der Ausweg: langfristig auf einen einheitlichen Standard hinwirken, wie von Robbe zu Beginn angekündigt. Weil aber die einzelnen Kontrollinstitutionen damit absolutes Neuland betreten, stand beim Konferenzauftakt in Berlin zunächst einmal Grundlagenarbeit auf der Tagesordnung. Wie höchst verschieden der Zugang zu einem gemeinsamen Standard ist, lässt bereits ein Blick auf die Bezeichnung der Gäste in Berlin erkennen. Sie heißen Wehrbeauftragter, Präsidium der Bundesheer- Beschwerdekommission, Ombudsmann, Beschwerdekommissar, Generalinspektor, Volksanwalt oder Generalkontrolleur. Und ähnlich unterschiedlich sind ihre Befugnisse und Arbeitsweisen, wie Hans Born, Leitender Wissenschaftler des Genfer Zentrums für demokratische Streitkräftekontrolle (DCAF), aufgrund einer internationalen Umfrage herausarbeitete.

Einige haben ein allgemeines Mandat und kümmern sich um alle Regierungsstellen, jeder Zweite ist speziell für die Streitkräfte zuständig. Einmal sind die Ombudsleute dem Verteidigungsministerium zugeordnet, ein anderes Mal dem Parlament. Verschieden sind auch die Gründe, die zur Schaffung der Institutionen führten: Der Neuanfang mit demokratischer Kontrolle nach dem Weltkrieg war ein Grund, der Übergang vom Kommunismus zur Demokratie ein anderer, wieder andere zogen damit die Konsequenzen aus Skandalen oder einer dauernden Unzufriedenheit mit der Art, wie mit Beschwerden von Soldaten umgegangen wurde.

Gesundes Selbstbewusstsein

Zu den entscheidenden Fragen gehört die Unabhängigkeit, die den Amtsinhabern zugestanden wird. Sind sie materiell und finanziell ausreichend ausgestattet? Können andere Personen oder Institutionen ihre Arbeit vorgeben, beeinflussen oder gar unterbinden? Im Verlauf der Diskussion hinterfragte die Konferenz beispielsweise die Konstruktion in den US-Streitkräften. Zu den Einheiten gehöre jeweils ein Generalinspektor als eine dem Ombudsmann vergleichbare Institution. Das bedeutet, dass die Soldaten auch bei ihren Auslandseinsätzen einen ständigen Ansprechpartner haben. Die Amtskollegen problematisierten allerdings den Fakt, dass der Generalinspektor in die militärische Hierarchie eingebettet sei. William Kurt Miller aus den USA erwiderte, dass die Generalinspektoren unmittelbar dem Kommandeur der jeweiligen Einheiten unterstellt seien und den Status einer neutralen Partei hätten. Mitunter sind die Dinge in der Realität auch anders zu erleben, als sie von der Papierform her erscheinen. So kam auch der deutsche Wehrbeauftragte auf die Liste der Institutionen, die ihren Untersuchungsgegenstand entzogen bekommen können. Tatsächlich hat der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages die Möglichkeit, selbst anstelle des Wehrbeauftragten in die Aufarbeitung von Vorkommnissen in der Truppe einzusteigen und dem Wehrbeauftragten Anweisungen erteilen. Verteidigungsausschuss-Vorsitzende Ulrike Merten betonte jedoch, dass Ausschuss und Wehrbeauftragter „eng miteinander verbunden” seien. Die Tatsache, dass der Wehrbeauftragte ein „Hilfsorgan” des Bundestages sei, habe bislang noch keinen Wehrbeauftragten davon abgehalten, „mit gesundem Selbstbewusstsein” seiner Tätigkeit nachzugehen.

Wie von Robbe geplant, bleibt die erste Konferenz nicht die einzige. Schon während der Debatten gab es Anregungen, für die nächste Zusammenkunft unter anderem die Veteranenarbeit in den Mittelpunkt zu stellen. In einer „Berliner Erklärung” kam die Konferenz überein, die Treffen „periodisch fortzuführen”, um so die Zusammenarbeit zu intensivieren. Im nächsten Jahr geht es in Wien weiter.

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Text: Gregor Mayntz 
Erschienen am 7. August 2009


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