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Gültig ab: 13.09.2005 00:00
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„Wir sind die Service-Station“

Bild: Wolfgang Zeh
Wolfgang Zeh, Direktor beim Bundestag.

Interview: Wolfgang Zeh, Direktor beim Bundestag

Während der Wahlkampf auf Hochtouren läuft, bereitet die Parlamentsverwaltung geräuschlos und effizient die neue Wahlperiode vor. Ein Interview mit dem Direktor beim Bundestag, Professor Wolfgang Zeh.

Blickpunkt Bundestag: Eine Frage vorweg: Wieso eigentlich hat der Bundestag, der doch unser höchster Souverän ist, einen Direktor?

Professor Wolfgang Zeh: Natürlich kann der Bundestag keinen Direktor über sich haben. Deshalb heißt es eben auch nicht Direktor des, sondern beim Bundestag. Unser Parlament ist ein großes und äußerst differenziertes Verfassungsorgan, deshalb braucht es eine effiziente Verwaltung. Damit sich die Gremien und Abgeordneten nicht mit Details beschäftigen müssen, benötigen sie Beratung und Zuarbeit. Insofern sind wir die Service-Station des Bundestages.

Blickpunkt: Wie stellen Sie sich auf die Situation der kurzfristigen Neuwahl ein? Was können Sie tun, damit nach der Wahl das Parlament möglichst schnell arbeitsfähig ist?

Zeh: Selbstverständlich warten wir nicht ab, bis die Wahl gelaufen ist oder sich gar der Bundestag konstituiert hat, wofür er 30 Tage Zeit hat. Die Vorarbeiten für die neue Wahlperiode laufen deshalb schon seit Wochen. Das betrifft die personellen Veränderungen, die Geschäftsordnung, die Wahlvorgänge, die Konstituierung von Ausschüssen und anderen Gremien und vieles andere mehr.

Blickpunkt: Gibt es dafür feste Ablaufpläne?

Zeh: Ja, denn es gibt ja durchaus Kontinuität im Verfahren und in unserer Verwaltung. Ich selbst bin schon über 30 Jahre dabei und habe mehrfache Wechsel von Wahlperioden mitgemacht. Also, man weiß schon, wie es geht und in welcher Reihenfolge die Dinge laufen müssen. Aber ein bisschen anders ist es doch immer wieder.

Blickpunkt: Wann entscheidet sich, wer neuer Bundestagspräsident wird?

Zeh: Das entscheidet sich in einem politischen Prozess, den man nicht glatt definieren kann. Formal findet seine Wahl in der konstituierenden Sitzung des Bundestages statt. Politisch fällt die Entscheidung aber früher. Dafür aber ist nicht der Direktor, sondern sind die Fraktionen der Ansprechpartner.

Blickpunkt: Wenn die Linkspartei in den Bundestag kommt – wofür in den letzten Wochen die Prognosen sprachen – wo wird sie dann im Plenarsaal sitzen?

Zeh: Wie man sich im Plenum sortiert, ist eine Entscheidung des ganzen Parlaments und beruht auf historischen Vorbildern aus dem 19. Jahrhundert. Sollte die Linkspartei in den Bundestag kommen, wird sie vermutlich dort sitzen, wo früher die PDS ihren Platz hatte: ganz links – vom Präsidenten aus gesehen. Aus der Sicht der SPD: ganz weit rechts.

Blickpunkt: Muss für eine fünfte Fraktion der Plenarsaal umgebaut werden?

Zeh: Nicht entscheidend. Da sich vermutlich die Größe aller Fraktionen nach der Wahl verändert, müssen ohnehin die Laufgänge zwischen den Fraktionen neu ausgerichtet werden. Wir bereiten das schon jetzt technisch vor. Das ist überhaupt kein Problem.

Blickpunkt: Hätte die neue Linkspartei die gleichen Rechte wie die anderen Fraktionen?

Zeh: Ganz gewiss. Es ist ein bewährtes Prinzip im Bundestag, dass die Rechte, die der Fraktionsstatus vermittelt, auch zugestanden werden und dass nicht getrickst wird. Neue Parteien von den Rändern des politischen Spektrums sollen ruhig die Gelegenheit haben, zu zeigen, was sie parlamentarisch können und wo ihre Fähigkeiten liegen. Einige entlarven sich dabei selbst sehr rasch.

Blickpunkt: Wer bereitet die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages vor?

Zeh: Der Präsident des bisherigen Bundestages. Denn die alte Wahlperiode endet erst mit dem Zusammentritt des neuen Bundestages, insofern sind die Gremien des alten Bundestages noch im Amt. Aber natürlich spricht er sich dabei mit den Vertretern der neuen Fraktionen ab. Das ist ein informeller Prozess. Der Gedanke dabei ist, die Arbeit möglichst im Konsens und unter Beachtung der Minderheit zu organisieren. Demokratie heißt ja nicht nur Mehrheitsentscheidung, sondern immer auch Minderheitenschutz.

Das Interview führte Sönke Petersen
Foto: Photothek
Erschienen am 13. September 2005

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