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Gültig ab: 20.09.2006 10:19
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Medien, Kunst, Gesetze

Bundestagspräsident Lammert und Preisträger Bernd Mertens.
Bundestagspräsident Lammert und Preisträger Bernd Mertens.

Schwieriges Vaterland? Wolf Biermann beim Heine-Abend.
Schwieriges Vaterland? Wolf Biermann beim Heine-Abend.

Begegnungen im Parlamentsviertel

Der Bundestagspräsident hat eine Fülle von Aufgaben. Als Repräsentant des gesamten Parlaments leitet er nicht nur die Plenarsitzungen,das Präsidium und den Ältestenrat, sondern hat den Bundestag auch bei zahlreichen Anlässen nach außen zu vertreten, nicht nur bei „Staatsbesuchen“ von ausländischen Gästen in Berlin. Gleichzeitig ist er nach der Geschäftsordnung „oberste Dienstbehörde der Bundestagsbeamten“.

Gesetzgebungskunst

Norbert Lammert, der als Abgeordneter ja auch noch Mitglied der CDU/CSU-Fraktion ist, hat wieder einmal eine dichte Terminliste. Heute leitet er am Morgen die Plenardebatte, anschließend hat er im Reichstagsgebäude den Wissenschaftspreis des Bundestages zu verleihen. Die Auszeichnung geht an den Rechtshistoriker Bernd Mertens von der Uni Erlangen-Nürnberg für das Werk „Gesetzgebungskunst im Zeitalter der Kodifikationen“. Lammert dankt der Jury, dass sie ein besonders gut lesbares Werk ausgesucht habe, was nicht für jede juristische Literatur gelte. Hier gelte es sogar für die Fußnoten. Er empfiehlt das 549 Seiten starke Buch zur Lektüre. Es handele von der „spannenden Frage nach der Verständlichkeit der Gesetze“. Ihm gefalle aber allein schon der Titel mit dem Wort „Gesetzgebungskunst“.

Dass dieser Titel keine Zustandsbeschreibung, sondern eher eine Aufforderung an den Gesetzgeber ist, erläutert die scheidende Vorsitzende der Jury, die Historikerin Prof. Marie-Luise Recker. Noch deutlicher wird Jurymitglied Ulrich Karpen, Rechtsprofessor aus Hamburg: „Wir haben zu viele und zu schlechte Gesetze.“ Er zitiert Bismarck: „Wer weiß, wie Gesetze und Würste zustande kommen, kann nachts nicht mehr ruhig schlafen.“

Neben dem Wissenschaftspreis vergibt der Bundestag auch einen Medienpreis. Robert Birnbaum, Parlamentsreporter des Berliner Tagesspiegel, wird Mitte Januar ausgezeichnet. Er hat sich in einem Essay der „Dynamik eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses“ gewidmet.

Stilvoller Abschied

Einen Tag später hat Lammert eine Aufgabe als oberster Dienstherr zu erfüllen. Ministerialdirektor Friedhelm Maier wird — zwei Tage nach seinem 65. Geburtstag — in den Ruhestand verabschiedet. Er und seine Frau Inge Maier-Sauerborn haben viele Hände zu schütteln. Neben den Präsidiumsmitgliedern Gerda Hasselfeldt, Susanne Kastner und Wolfgang Thierse sind zahlreiche frühere und aktive Mitarbeiter des Bundestages gekommen und auch Annemarie Renger, die erste Frau im Amt des Bundestagspräsidenten. Für sie hatte Maier 1972 gearbeitet. Lammert dankt Maier für seine Arbeit und sagt, es sei guter Stil, jemanden, der so lange und in so herausgehobener Position für den Bundestag tätig gewesen sei, nicht unauffällig in den Ruhestand verschwinden zu lassen.

Seelenverwandtschaft

Als oberster Repräsentant des Bundestages hat der Präsident auch die Kontakte zu den Medien zu pflegen. Auf dem schon traditionellen Presseempfang kurz vor der Jahreswende geht Lammert unter Hinweis auf neuere Untersuchungen auf die Seelenverwandtschaft von Politikern und Journalisten ein. Beide seien gestresst, aber überwiegend zufrieden. Der Präsident fühlt sich auch von den Medienleuten „ganz überwiegend gut behandelt“.

Guido Heinen, Leiter des Bereichs Presse und Kommunikation des Bundestages, rührt an diesem Abend die Werbetrommel für die Zeitung „Das Parlament“, die „optisch ein neues Gesicht und inhaltlich ein neues Format“ erhalten und Informationen verschiedener Quellen aus dem Bundestag bündeln soll. Es sei orientiert an den heutigen Lesegewohnheiten und arbeite mit modernen Layoutelementen. „Künftig wird ?Das Parlament? tatsächlich wie eine Zeitung gegliedert sein, mit klassischen Ressorts, mit Stücken über Menschen im Parlament und in der Politik und mit möglichst vielen Texten, die das politische Geschehen aus der Nähe abbilden.“

Ironische Pfeile

Das Amt des Bundestagspräsidenten erlaubt seinem Inhaber auch ab und an Anlässe, die mit seinen persönlichen Vorlieben in Einklang stehen. Lammert, der gern liest, schreibt, musiziert und der auch schon einmal die Berliner Philharmoniker dirigieren durfte, hat den gerade 70 gewordenen Wolf Biermann zu einem Heinrich-Heine-Abend in die Halle des Paul-Löbe-Hauses eingeladen. Der Abend biete eine Gelegenheit, zwei Dichtern den Dank eines schwierigen Vaterlandes auszusprechen, dem sie so oft die Leviten gelesen haben.

Biermann freut sich, „dass Sie mich hergezottelt haben“, und bringt dem Publikum, Abgeordneten, Journalisten, Bundestagsmitarbeitern den zu Lebzeiten in Deutschland vielfach angefeindeten Heinrich Heine nahe. Biermann wäre aber nicht Biermann, wenn er nicht einige ironische Pfeile auf den Dichter abschießen würde. So habe der sich in einem Brief an den bayerischen König um eine Stelle am Hof beworben. Heine habe Beamter werden wollen. Vom Gastgeber will Biermann dann wissen: „Herr Lammert, sind Sie Beamter?“. Die spontane Antwort lautet: „Um Himmelswillen.“ Zwar ist er nicht Beamter, weiß aber die Unterstützung durch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bundestagsverwaltung sehr zu schätzen.

Text: Klaus Lantermann
Fotos: Deutscher Bundestag, Picture-Alliance/dpa
Erschienen am 31. Januar 2007


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