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Ausgesprochen familiär

Junge vor japanischen Wahlplakaten

© Picture-Alliance/epa Franck Robichon

Japan: Kokkai

Die politische Laufbahn von Japans Regierungschef Yasuo Fukuda begann 1990 mit seiner ersten Wahl ins Unterhaus. Er hatte sich überreden lassen, seine erfolgreiche Tätigkeit in der Wirtschaft aufzugeben und in die Fußstapfen seines Vaters Takeo Fukuda zu treten, der sich aus der Politik zurückziehen wollte. Fukuda junior wurde auf Anhieb gewählt, „beerbte” also seinen Vater als Abgeordneten. Papa Fukuda saß seit 1952 im Unterhaus, war mehrfach Minister und schließlich Ministerpräsident (1976 bis 1978). Er war übrigens der erste Regierungschef, der aus der Provinz Gumma nordwestlich von Tokyo stammte. Sein Sohn, der jetzige Amtsinhaber, ist nun schon der vierte! Erstaunlich in so kurzer Zeit, wenn man bedenkt, dass Japan aus 46 Provinzen besteht.

Zwei der Gumma-Premiers kamen sogar aus demselben Wahlkreis, Fukuda senior und Yasuhiro Nakasone, Regierungschef von 1982 bis 1987. Auch die beiden anderen, Keizo Obuchi (1998 bis 2000) und Fukuda junior, vertraten zuerst den alten Wahlkreis Gumma 3. Damals gab es nur Wahlkreise mit mehreren Mandaten. Erst die Wahlrechtsreform von 1994 führte Einzelwahlkreise und eine Zweitstimme für regionale Parteilisten ein. Anders als in Deutschland hat das Abschneiden der Parteien bei den Zweitstimmen aber keinen Einfluss auf die Anzahl und Verteilung der Direktmandate. Bei den letzten Wahlen 2005 waren 480 Mandate zu vergeben, davon 300 in Einzelwahlkreisen und 180 über regionale Parteilisten. Yasuo Fukuda vertrat längst exklusiv seinen jetzigen Wahlkreis Gumma 4, als das Unterhaus ihn im September 2007 zum Ministerpräsidenten wählte. Und Keizo Obuchi war der Abgeordnete von Gumma 5, als er im Mai 2000 an den Folgen eines Schlaganfalls starb. Obuchis Tochter Yuko, 26 Jahre alt und politisch bis dahin überhaupt nicht hervorgetreten, kandidierte bei den Wahlen im Juni 2000 — und gewann souverän. Kürzlich wurde gemeldet, Yuko habe einen Sohn geboren. Ob der wohl eines Tages als Obuchi der dritten Generation ins Unterhaus einzieht?

So wie es schon Japans vorletzter Regierungschef Junichiro Koizumi vorgemacht hat, in der Hafenstadt Yokosuka, deren Wahlkreis erstmals von seinem Großvater und späteren Postminister erobert worden war und von Koizumis Vater, Staatsminister für Verteidigung, als „Familienerbe” weitergeführt wurde. Fukudas Regierung besteht zur Hälfte aus „erblichen” Abgeordneten zumindest der zweiten Generation. Das gilt auch für 32 der 242 Oberhausabgeordneten und für 146 der 480 Mitglieder des Unterhauses, darunter auch „Erbsünder” aus dem Oppositionslager. Japans Parlament ist zweifellos ein ziemlicher Familienklüngel.  

Text: Gebhard Hielscher, Tokyo
Erschienen am 13. August 2008

Weitere Informationen:

Kokkai heißt das aus Oberhaus und Unterhaus bestehende japanische Parlament.
www.shugiin.go.jp
www.sangiin.go.jp


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