Plenarrede zu dem Antrag der CDU/CSU und SPD
"In der Maritimen Wirtschaft Kurs halten"

26. März 2009
Dr. Margrit Wetzel (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Goldmann, mit der Enthaltung können wir leben.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Ach, Frau Dr. Wetzel, Sie verstehen es eben nicht!)

Ich finde, wir bekommen das auch so hin.
Die maritimen Konferenzen sind eindeutig eine Erfolgsgeschichte. Wir wollen auch in Zeiten der Wirtschaftskrise, dass das maritime Bündnis und alle maritimen Vereinbarungen weiter zu einem Erfolg beitragen. Wir müssen den Stand halten. Deshalb ist die Kernbotschaft unseres Antrages, den wir sehr bewusst noch vor der maritimen Konferenz platziert haben, klar: Wir wollen, dass die Strategie - erfolgreiche maritime Vereinbarungen, erfolgreicher Standort Küste - erfolgreich fortgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dass das nicht einfach ist, wissen wir. Den Schiffbau hat es als Erstes sehr hart getroffen; das kann man nicht wegdiskutieren. Die Aufträge brechen weg. Aber wir wissen ebenso, dass die Prozess- und Produktinnovationen unsere Werften in die Lage versetzen, die Nase weltweit vorn zu haben. Das ist wichtig. Deshalb, Frau Wöhrl, ist es Ihre Aufgabe, bei der Europäischen Union hartnäckig dafür zu werben, dass die Innovationsförderung nicht von Aufträgen abhängig gemacht wird.
Auch wir als Parlament haben uns positioniert. Wir wollen den Werften helfen, indem wir für die Zeit von 2009 bis 2011 auf die Rückzahlung der Innovationsförderung verzichten. Herzlichen Dank an die Kollegen Volker Kröning und Eckhardt Rehberg, denen es maßgeblich zu verdanken ist, dass wir das so festschreiben konnten!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Frau Wöhrl, der Arbeitskräftepool steht vor einer Nagelprobe.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Den gibt es doch gar nicht!)

Eigentlich gehen wir seit Jahren davon aus, dass er sich in einer Krise wie dieser bewähren würde. So weit ist es aber immer noch nicht. Wir müssen die Nachwuchssicherung großschreiben und vor allen Dingen dafür sorgen, dass die Krisenzeit für Qualifizierung genutzt wird; denn wir alle wissen aus den letzten Jahren, dass wir zu wenig Fachkräfte haben. Qualifizierung in dieser Zeit ist wichtig, um die Fachkräfte halten zu können.

(Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Das ist genau richtig!)

Wenn wir das nicht machen, stehen wir wieder hintan.
Die maritimen Technologien sind schon erwähnt worden. Sie haben im Grunde eine glänzende Zukunft. Das ist eine Aussicht, die uns alle beflügeln muss. Die deutschen Unternehmen und die Institutionen haben die nötige Systemkompetenz, um sich diesen Markt der Zukunft zu erschließen. Sie werden das erfolgreich tun, nicht nur bei der Offshore-Windkraft, sondern auch bei der Polartechnik, der Öl- und Gasgewinnung, der ökologischen Gewinnung mineralischer Rohstoffe und vor allem mit Blick auf das gewaltige Potenzial an Energie, das das Meer birgt. Das ist alles längst noch nicht erschlossen. Da haben wir Herausforderungen zu bestehen. Dabei müssen wir immer bedenken, dass wir eine ökologische Verpflichtung haben, sicherlich auch zum Nutzen der Wirtschaft - das ist ganz klar , aber vor allem zum Nutzen der Menschen und des Klimas.
In den Häfen macht uns große Sorge, dass dort Beschäftigungslosigkeit droht. Darum müssen wir uns kümmern. Auf der anderen Seite - da geht ein Dank an Frau Roth; das nationale Hafenkonzept hat garantiert eine gute Zukunft - bitten wir darum, die Masterpläne Güterverkehr und Logistik auf EU-, Bundes- und Landesebene zu verknüpfen, damit die Häfen auch für die Zukunft gut aufgestellt sind. Es wird garantiert eine positive Zukunft sein,

(Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Schön optimistisch! Das ist richtig!)

denn der Welthandel wird wieder zunehmen; das ist überhaupt keine Frage.
Dann zum Thema Schifffahrt, das Sie eben schon angesprochen haben, Herr Goldmann. Es ist richtig: Die Aufträge und die Raten brechen weg. Aber wir alle haben in den vergangenen Jahren verfolgt, welche hervorragenden Umsätze die Reeder gemacht haben. Ein verantwortungsvoller Unternehmer legt Polster an und sorgt in guten Zeiten für schlechte Zeiten vor. So einfach ist das.

(Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Ja!)

Ich gehe davon aus, dass die Reeder entsprechende Polster angelegt haben.
Wir haben ganz bewusst gefordert, ein verbessertes Rückflaggungsverhalten der Reeder auch in Zeiten der Krise festzuschreiben. Wir stärken damit ganz bewusst der Staatssekretärin und unseren Vertretern im entsprechenden Workshop den Rücken. Wir wollen als Parlament deutlich machen, dass wir die 600 internationalen Handelsschiffe in den Jahren 2009 und 2010 erwarten, im Übrigen nicht erst in den Monaten November und Dezember 2010; auch das muss einmal betont werden.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Ach, Frau Wetzel!)

Wir wollen vor allem, dass neue Ziele vereinbart werden. Wir wollen eine Poolbildung bei Einschiffsreedereien. Auch denen stünde eine Rückflaggungsquote gut zu Gesicht.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir wollen nicht, dass die, die richtig was machen, weniger rückflaggen. Aber die Einschiffsreedereien müssen ebenfalls gebeten werden, die deutsche Flagge zu unterstützen.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Wovon denn?)

Wir wollen vor allen Dingen, dass das Verhältnis der deutschen Flagge zur Drittstaatenflagge deutlich verbessert wird. Das schreiben wir in unserem Antrag fest, und das ist wichtig.
Ein weiterer Punkt unseres Antrages ist die Ausbildung. Ich will jetzt nicht alles wiederholen, was im Antrag steht. Wir wissen, wie intensiv die Ausbildungsbemühungen in der Vergangenheit waren, aber sie müssen fortgesetzt werden.
Vor allen Dingen haben wir den sehr positiven Bereich des Klima- und Umweltschutzes aufgenommen, der bei den Reedern zum Teil ein bisschen umstritten ist; denn verbesserte Treibstoffe sind natürlich auch teurer. Aber die Beschlüsse der IMO zur Reduzierung von Schwefel-, Stickoxiden und CO2 halten wir für absolut richtungweisend.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): CO2 ist kein Problem!)

Allerdings sind wir der Meinung, dass die Schwefelemissionsüberwachungsgebiete für die Nord- und Ostsee zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Weil sie aber den Klimaschutz fördern, wollen wir, dass sie auf die anderen europäischen Binnenmeere entsprechend ausgeweitet werden. Daran werden wir noch stark arbeiten müssen.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Viel Spaß!)

Es ist richtig, dass die Bundesregierung und die Reeder eine Studie in Auftrag gegeben haben, in der der Preis und die Verfügbarkeit der sauberen Treibstoffe untersucht werden sollen. Aber Treibstoffe sind eben nicht alles. Herr Goldmann, Sie hatten schon die Landstromversorgung erwähnt. Wir halten die Landstromversorgung durchaus für positiv. Aber wir sehen auch sehr deutlich, dass da noch einige Fragen zu klären sind.
Da ist zunächst einmal die Frage: Für welche Häfen und für welche Schiffe? Denn diese Art der Versorgung ist nicht für alle Schiffe und für alle Häfen verfügbar. Das wissen wir sehr genau. Die nächste Frage lautet: Wie sieht die Gesamtumweltbilanz aus? Wir wollen sicherlich keine Landstromversorgung mit einem Kohlekraftwerk nebenan. Ich hoffe, darin sind wir uns einig.
Internationale Standards müssen geklärt werden. Das gilt für die Stromspannung genauso wie für die bordseitigen Anschlüsse. Außerdem gehört zur Daueraufgabe, dafür zu sorgen, dass die EU die Befreiung des Landstroms von der Stromsteuer genehmigt.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Oh!)

- Natürlich ist das eine Aufgabe. Ich dachte, Sie sind darüber informiert, Herr Goldmann.

(Hans-Michael Goldmann (FDP): Was soll das denn jetzt, Frau Dr. Wetzel?)

Es geht weiterhin um technische Innovationen beim Schiffsbau und auch beim Schiffsbetrieb. Wichtig ist, dass wir technologieoffene Lösungen entwickeln. In der Seeschifffahrt darf es keine umweltpolitischen Sonderrollen zum Beispiel für Entwicklungsländer geben. Ansonsten würden Standortverlagerungen drohen. Damit würde sich ein kontraproduktiver Effekt ergeben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Beim Schiffsbetrieb setzen wir auch auf die Fachkompetenz gut ausgebildeter und gut qualifizierter Crews. Energieeffizientes Fahren, Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Emissionsminderung, das Erreichen eines optimalen Verhältnisses von Geschwindigkeit und Treibstoffverbrauch, eine umsichtige Routenplanung oder SkySails, also die Ausnutzung der natürlichen Kraft des Windes: All das sollten wir ausnutzen.
Beim Emissionshandel sind wir uns ebenfalls einig: Die Seeschifffahrt soll in den Emissionshandel eingebunden werden. Aber auch da darf es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Ich finde es sehr gut, dass die IMO neben dem Emissionshandel auch ein Kompensationsmodell diskutiert. Wenn den Belastungen Einnahmen in gleicher Höhe gegenüberstehen - das gilt auch in Entwicklungsländern, wo die größten Effekte erzielt werden -, dann sollten wir für die Lösungen offen sein, die den größten Nutzen für die Ökologie bringen.

(Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Richtig!)

Die globale Wirksamkeit geht sowohl auf der Einnahmenseite als auch auf der Ausgabenseite unseres Erachtens vor.
Meine Bitte ist, unseren Antrag zu unterstützen. Die FDP ist damit nicht gemeint,

(Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Vielleicht besinnt sie sich noch!)

aber die Grünen und die Linken, die sich bisher noch nicht positioniert haben.
Mein Wunsch ist, dass die maritime Konferenz dazu führt, dass wir weiterhin zukunftsweisende Beschlüsse fassen, die den Standort Deutschland wirklich voranbringen und deutlich machen, dass es sich - auch in der Krise - um eine Erfolgsgeschichte handelt. Dafür müssen wir einen klaren Kurs halten.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

 

zurück zur Übersicht
zurück zu aktuell vor Ort