Gespräch mit Ole von Beust, Erster Bürgermeister Hamburgs und Bundesratspräsident, über Bundesrat und Bundestag, Schwarz-Grün und die deutsche Einheit.
Blickpunkt Bundestag: Was
macht der Bundesratspräsident?
Ole von Beust: Hauptaufgabe ist die
Einberufung und Leitung der Plenarsitzungen des Bundesrates. Er
vertritt die Bundesrepublik rechtlich in allen
Bundesratsangelegenheiten. Ist der Bundespräsident verhindert,
nimmt er dessen Amt stellvertretend wahr.
Blickpunkt: Was war für
Sie besonders bemerkenswert?
Von Beust: Die vielen interessanten
Begegnungen mit Menschen aus aller Welt, zum Beispiel mit dem
chilenischen Senatspräsidenten, mit dem ich ein sehr
aufschlussreiches Gespräch über die politische
Entwicklung Südamerikas führen durfte.
Blickpunkt: Wie ist das
Zusammenwirken von Bundesrat und Bundestag in Zeiten einer
Großen Koalition?
Von Beust: Vergleichsweise
unkompliziert. Das liegt auch daran, dass der Bundesrat sich
stärker auf die Wahrung der Länderinteressen und die
sachpolitischen Debatten konzentriert und weniger Bühne
für die parteipolitische Auseinandersetzung ist.
Blickpunkt: Vom
Vermittlungsausschuss hört man auch nur noch selten.
Könnte sich das ändern?
Von Beust: Das wird von der
Zusammensetzung der nächsten Bundesregierung abhängen.
Große Koalitionen bringen es mit sich, dass
Meinungsverschiedenheiten von den Parteien bereits ausgeräumt
werden, ehe es zur Befassung im Bundesrat kommt.
Blickpunkt: Sie selbst haben
mit dem ersten schwarz-grünen Bündnis auf Landesebene
Koalitionsgeschichte geschrieben.
Von Beust: Wir haben einen sehr
guten Start gehabt, weil wir mit Offenheit und Respekt aufeinander
zugegangen sind. Und wir sind uns darin einig, dass wir jenseits
aller in Beton gegossenen Schemata eine erfolgreiche Politik
für Hamburg machen wollen. Ich bin sehr zufrieden.
Blickpunkt: Brechen Sie damit
Blöcke über die Hansestadt hinaus auf?
Von Beust: Wir machen Politik
für Hamburg, das ist unser Interesse und unser Auftrag. Wie
und wann sich in anderen Bundesländern welche Koalitionen
zusammenfinden, bleibt ihnen überlassen, da sollte jeder die
Möglichkeit haben, nach der eigenen Fasson selig zu
werden.
Blickpunkt: Hamburg richtet
in diesem Jahr den Tag der Deutschen Einheit aus. Wie sehen Sie die
Einheit im Jahre 19 nach dem Fall der Mauer? Was bleibt zu
tun?
Von Beust: Die jungen Leute kennen
Deutschland doch nur noch geeint, die machen keinen
größeren Unterschied zwischen Ost und West als zwischen
Schleswig-Holstein und Bayern. Und diese Entwicklung wird sich
kraft der Zeit fortsetzen. Was mir und vielen Menschen Sorge macht,
ist die demografische Entwicklung in Ostdeutschland: Landstriche
entvölkern sich, Städte schrumpfen, das wirtschaftliche
Fundament wirkt teilweise zu schwach. Das ist ganz sicher keine
Entwicklung, mit der wir zufrieden sein können.
Blickpunkt: Was wünschen
Sie sich zum 20. Jahrestag des Mauerfalls im kommenden Jahr?
Von Beust: Mehr Ruhe und
Gelassenheit für uns alle im Umgang mit dem Thema deutsche
Einheit. Da bricht sich zu oft die etwas grüblerische,
miesepetrige und besserwisserische Ader unseres Nationalcharakters
Bahn.
Interview: Gregor Mayntz
Erschienen am 24. September 2008
Ole von Beust (CDU), Jahrgang
1955, ist seit 2001 Erster Bürgermeister Hamburgs.
Turnusgemäß ist er von November 2007 bis November 2008
auch Präsident des Bundesrates.
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