Im Schongang hat die CSU-Mehrheit im
Bayerischen Landtag die frühere Kultusministerin Monika
Hohlmeier (44) von einer Serie dunkler Flecken weitgehend
reingewaschen. Zuvor hatte ein Untersuchungsaus-schuss in
zweijähriger Arbeit die schweren Anschuldigungen gegen die
Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und
CSU-Chefs Franz Josef Strauß durchleuchtet. Dabei ging es
unter anderem um ihre Verstrickung in den Wahlfälscher-Skandal
eines Münchner CSU-Ortsverbandes, um massive Drohungen gegen
Parteifreunde, die angeblich mit einem Dossier unter Druck gesetzt
werden sollten, sowie um Verfehlungen in ihrem Ministerium.
Dort machten Mitarbeiter auch Parteiarbeit
und es kam zu kostspieligen Pannen bei der Organisation eines
Rahmenprogramms für die Fußball-WM. Als Folge der
Affären hatte die prominente Politikerin 2005 ihr Mi-nisteramt
abgeben und sich mit ihrem Platz als Landtagsabgeordnete
begnügen müssen.
Im Gegensatz zur CSU werteten SPD und
Grüne das Untersuchungsergebnis als volle Bestätigung der
umfangreichen Vorwürfe. In ihrem Minderheitenbericht sehen sie
Hohlmeier "tief in die Münchner Wahlfälscher-Affäre
verstrickt". Sie habe Kenntnis von Urkundenfälschungen gehabt,
Vorgänge um Mitgliederkäufe "aktiv unterstützt" und
deren Aufklärung "bewusst hintertrieben". Wenn es um die
Durchsetzung ihrer persön-lichen Interessen gegangen sei,
"haben für die Ex-Ministerin Recht und Gesetz nicht gegolten",
stellten die Untersuchungsausschuss-Mitglieder Hans-Ulrich
Pfaffmann (SPD) und Margarete Bause (Grüne) fest. Die
Ressourcen ihres Ministeriums habe sie als persönliche
Verfügungsmasse missbraucht.
Persilschein für Hohlmeier
Dagegen sah der Ausschussvorsitzende Engelbert Kupka (CSU)
"keinerlei Beweise" für eine Beteiligung Hohlmeiers an
diesbezüglichen strafrechtlich relevanten Vorgängen. Die
CSU-Mehrheit begnügte sich mit "kritischen Anmerkungen" und
sprach von Versäumnissen, Missverständnissen und
"überzogener" Handlungsweise. Die Opposition kritisierte den
Mehrheitsbericht als Persilschein für Hohlmeier, was die CSU
mit dem Vorwurf konterte, SPD und Grüne hätten ihr Urteil
bereits vor der ersten Zeugenvernehmung gefällt.
Zur Entlastung der Ex-Ministerin verweist der
Mehrheitsbericht wiederholt auf die auseinandergehenden
Schilderungen der Zeugen. Dabei handle es sich nicht um
vorsätzlich falsche Angaben, vielmehr sei eine
unterschiedliche Erinnerung in Details aufgrund des Zeitablaufs,
der Berichterstattung, der unterschiedlichen Betroffenheit und der
Turbulenz der Sitzung als normal anzusehen, heißt es
weiter.
Auch prominente Münchner CSU-Mitglieder,
die seinerzeit zum Teil Leidtragende von Hohlmeiers Vorgehensweise
waren, kritisierten den Mehrheitsbericht. Der jetzige Münchner
CSU-Bezirksvorsitzende und stellvertretende
Landtagsfraktionsvorsitzende Otmar Bernhard nannte die
Schlussfolgerungen zum Teil "völlig inakzeptabel". Sein
Fraktionskollege im Landtag, Ludwig Spaenle, sprach von einem
"peinlichen Versuch, die schmutzigen Schatten der Vergangenheit
wegzuwaschen" und von einem "Armutszeugnis". Der Stadtrat Hans
Podiuk meinte, es sei nie versucht worden, die Wahrheit zu
ergründen.
Noch vor wenigen Jahren galt die
Strauß-Tochter als große Hoffnungsträgerin der
CSU. Ähnlich ihrem Vater konnte sie bei öffentlichen
Auftritten mühelos Bierzelte füllen und mit ihrem
Rednertalent und ihrer ungekünstelten Art, die Probleme der
Menschen anzusprechen, die Menge begeistern. Als 30-Jährige
holte sie Ministerpräsident Edmund Stoiber 1993 als
Kultus-Staatssekretärin in sein erstes Kabinett, fünf
Jahre später übernahm sie das Ressort als Ministerin.
Auch parteipolitisch machte sie zunächst Karriere und wurde im
Sommer 2003 zur Bezirksvorsitzenden der Münchner CSU
gewählt.
Doch gerade in diesem Amt begannen die
Probleme, als Monika Hohlmeier Licht in eine Münchner
Wahlfälschungs-Affäre bringen sollte. Es ging dabei um
Stimmenkauf und Manipulationen, mit denen JU-Mitglieder bisherige
Amtsinhaber ausbooten wollten. Die Vorwürfe wurden immer
lauter, Hohlmeier behindere die Aufklärung und decke die
Beteiligten der Affäre. Die Situation spitzte sich weiter zu,
als die unter Druck geratene Politikerin Mitgliedern ihres
Bezirksverbands mit Dossiers und persönlichen
Enthüllungen drohte. Sitzungsteilnehmern zufolge zückte
sie dabei einen blauen Schnellhefter und erklärte: "Gegen
jeden von euch gibt es etwas." Hohlmeier bestritt die
Vorwürfe, trat aber als Bezirksvorsitzende im Sommer 2004
zurück. Ein Dreivierteljahr später hatte sie auch ihr
Ministeramt verloren, nachdem ihr Günstlingswirtschaft,
Willkür im Umgang mit Kritikern und Vermengung von Partei- und
Amtsinteressen vorgeworfen worden waren.
Die Wahlfälscheraffäre im
Münchner CSU-Ortsverband Perlach war bereits vor dem
Amtsgericht verhandelt worden, das drei junge CSU-Politiker wegen
Urkundenunterdrückung zu Geldstrafen verurteilt hatte.
Während das Gericht seinerzeit auf die Glaubwürdigkeit
des Hauptbelastungszeugen Maximilian J. baute, zweifelte
Untersuchungsausschussvorsitzender Kupka an dessen Seriosität.
Maximilian J. hatte seinerzeit aus einem mitgehörten
Telefongespräch geschlossen, dass Monika Hohlmeier Bescheid
über gekaufte Mitglieder wusste, über die eine Wahl im
CSU-Ortsverein manipu-liert werden sollte. Obwohl im Strafverfahren
46 Zeugen gehört und eine Unmenge von Urkunden geprüft
worden seien, hätten die Behauptungen von J. durch "keinerlei
belastbare Fakten erhärtet werden können", sagte Kupka
vor dem Landtagsplenum. Auch kein weiterer Zeuge vor dem
Untersuchungsausschuss habe bestätigen können, dass
Hohlmeier über die Machenschaften informiert gewesen
sei.
Dagegen steht für die Opposition fest,
dass die Strauß-Tochter sehr wohl Kenntnis von mindestens
einer Urkundenfälschung, von unterdrückten
Mitgliederaufnahmeanträgen und von gekauften Mitgliedern
hatte. Die stellvertretende Untersuchungsausschussvorsitzende Karin
Radermacher (SPD) berief sich dabei auch auf den damaligen
Münchner CSU-Kreisvorsitzenden Podiuk, der nach seinen Angaben
Frau Hohlmeier bei einem Weihnachtsessen des CSU-Bezirksvorstands
im Dezember 2002 von "echten Fälschungen" berichtet und
ver-langt habe: "Jetzt müssen wir etwas unternehmen".
Über Hohlmeiers Antwort, "Da sind wohl ein paar
übermotiviert", sei Podiuk "irritiert" gewesen.
Besonders viel Staub hatte daneben die so
genannte Dossier-Affäre aufgewirbelt. Schauplatz war ein
Nebenzimmer des Landtags, wo es bei dem CSU-internen Treffen zu
einem Zusammenstoß zwischen der (damaligen)
CSU-Bezirksvorsitzenden Hohlmeier und Vorstandsmitgliedern kam. Die
wollten sie im Zug der schleppenden
Wahlfälschungsaufklärung zur Rede stellen und ihr den
Rücktritt als Vorsitzende nahe legen. Für die
Ausschussminderheit steht fest, dass Hohlmeier mit Hilfe eines
Schnellhefters mit "belastendem Material" versucht habe, ihre
Parteifreunde unter Druck zu setzen. Sie habe gedroht, Interna aus
dem Privatleben der Vorstandsmitglieder zu veröffentlichen.
Radermacher wertete dies als "unwürdiges und unmoralisches
Vorgehen für eine Ministerin".
Ahnungslose Zeugen
Kupka dagegen bezog sich darauf, dass keiner der Zeugen eine
Aussage über die einzelnen Unterlagen im Schnellhefter habe
machen können. Es sei lediglich bestätigt worden, dass es
sich um mehrere Blätter gehandelt habe. Der
Untersuchungsausschuss habe keine Anhaltspunkte für eine
Straftat.
Kupka räumte aber ein, dass Monika
Hohlmeier gerade als Mitglied der Staatsregierung
Äußerungen, die als persönliche Bedrohung empfunden
werden könnten, hätte unterlassen müssen.
Der Mehrheitsbericht urteilt im Übrigen
sanft, dass "die Wahrnehmungen der einzelnen Zeugen sehr subjektiv
geprägt" seien und daher auch "zu unterschiedlichen
Ergebnissen führen müssen". Aufgrund dieser subjektiven
Prägung könne eine objektive Feststellung, ob es zu
Drohungen gekommen sei, nicht getroffen werden. Fazit: "Eine
Bedrohung sei zwar nicht beabsichtigt gewesen; dennoch haben sich
zwei Personen bedroht gefühlt, die anderen nicht."
Drohen und Einschüchtern legte die
stellvertretende Ausschussvorsitzende der früheren
Kultusministerin auch im Umgang mit Schulleitern zur Last, die
massive Kritik bei der Einführung des G 8-Gymnasiums
geübt hatten. Sie seien zu einem Gespräch zitiert worden,
das alle als bedrohlich empfunden hätten. Dabei seien
Äußerungen gefallen wie "Was glauben Sie, wer Sie sind?"
und "Wir können auch anders". In einem Fall sei ein
Schulleiter wegen seiner kritischen Haltung strafversetzt worden.
Der Ausschussvorsitzende stellte dem Äußerungen der
Schulleiter entgegen, die im Internet oder in Leserbriefen das
"Mäßigungsgebot" missachtet hätten.
Für die Fraktionsvorsitzende der
Grünen, Margarete Bause, war der Untersuchungsausschuss einer
der wichtigsten und erfolgreichsten in der Landtagsgeschichte. Er
habe nicht nur die Verfehlungen und den Machtmissbrauch der
ehemaligen Kultusministerin aufgedeckt, sagte sie, sondern auch
tiefe Einblicke gewährt in ein System, das Hohlmeier auf allen
Ebenen angewendet habe und das auch ein System CSU sei - ein
System, in dem Parteifreunde bespitzelt und mit den dabei erlangten
Informationen unter Druck gesetzt würden. Das
Untersuchungsergebnis, so Bause, habe Frau Hohlmeier "für
heute und in Zukunft" für ein hohes Amt und für eine
verantwortungsvolle Position disqualifiziert.