Eltern-Kind-Kuren und empfohlene Impfungen werden zu Pflichtleistungen. Ihre Gewährung obliegt damit nicht mehr dem Gutdünken der Kassen. Alten Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung bekommen, erhalten einen Rechtsanspruch auf Reha-Behandlungen.
In Fällen "selbst verschuldeter Behandlungsbedürftigkeit", etwa in Folge von Schönheitsoperationen, Tattoos oder Piercings, sind Leistungskürzungen möglich.
Künftig profitieren nur diejenigen chronisch Kranken von vergüns- tigten Zuzahlungen, die vor der Erkrankung regelmäßig zur Vorsorge gegangen sind. Frauen müssen ab dem 20. und Männer ab dem 45. Lebensjahr regelmäßig zur Krebsvorsorge. Weitere "Check-Ups" betreffen Bluthochdruck und Diabetes. Derzeit nehmen nur 18 Prozent der Männer und 46 Prozent der Frauen die Vorsorgeangebote wahr. Kommen Versicherte der Vorsorgepflicht nicht nach, müssen sie, wenn sie chronisch erkranken, nicht wie bisher maximal ein sondern zwei Prozent an Zuzahlungen leisten. Bereits Kranke müssen sich "therapiegerecht" verhalten.
Insgesamt soll die Gesundheitsreform in diesem Jahr Einsparungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro und in den Folgejahren in Höhe von 1,5 Milliarden Euro bringen. Die Opposition hegt Zweifel, ob diese Summen tatsächlich aufgebracht werden können. Nicht zuletzt wegen des Widerstandes aus den Ländern fällt der Sparbeitrag der Krankenhäuser geringer aus als ursprünglich geplant. Rettungsdienste, bei denen zunächst 100 Millionen Euro wegfallen sollten, bleiben ganz verschont.
Bürger ohne Krankenversicherung soll es spätestens von 2009 an nicht mehr geben. Wer der Versicherungspflicht nicht nachkommt, muss im Krankheitsfall nachträglich Beiträge plus Säumniszuschläge entrichten. Eine bestehende Versicherung kann nur noch dann gekündigt werden, wenn man eine neue nachweisen kann.
Am 1. Januar 2009 startet der so genannte Basistarif in der PKV. Er soll in ers- ter Linie ehemals privat Versicherten die Rückkehr in ihre alte Kasse ermöglichen. Die Versicherer dürfen dann keinen Kunden - etwa wegen seines Krankheitsrisikos - ablehnen. Die Leistungen sollen denen in der GKV entsprechen; es besteht eine Behandlungspflicht. Die monatliche Prämie darf den GKV-Höchstbeitrag von rund 500 Euro nicht übersteigen. Ehepaare zahlen jeweils die volle Prämie.
In den Finanzpool der GKV sollen von 2009 an sämtliche Krankenkassenbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern fließen. Die Höhe des Beitragssatzes wird von der Bundesregierung festgelegt. Eingezogen werden die Beiträge wie bisher von den einzelnen Kassen. Diese überweisen sie dann an den Fonds. Die Kassen erhalten aus dem Fonds für ihre Versicherten Pauschalen sowie Zuschläge für kranke oder ältere Versicherte.
Kommt eine Kasse mit dem ihr zugewiesenen Satz nicht aus, muss sie einen Zusatzbeitrag erheben, der ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens nicht überschreiten darf. Bis zu einem Betrag von 8 Euro monatlich entfällt die Einkommensprüfung. Gut wirtschaftende Kassen können ihren Versicherten Beiträge rückerstatten.
In der GKV können Versicherte sofort in eine andere Kasse wechseln, wenn die alte einen Zusatzbeitrag ankündigt.
Die gesetzlichen Kassen dürfen Wahltarife anbieten, etwa mit Selbstbehalten plus niedrigeren Beiträgen oder mit Zusätzen wie der Behandlung mit alternativen Heilmethoden oder aber mit Hausarzttarif. Einige Kassen haben bereits neue Tarife in Aussicht gestellt.
Der Mindestbeitrag von hauptberuflich Selbstständigen, die freiwillig in der GKV versichert sind, sinkt von rund 250 Euro auf zirka 170 Euro. Dies wird dadurch erreicht, dass bei der Beitragsbemessung nur noch ein Monatseinkommen von 1.225 statt bisher 1.837,50 Euro zugrundegelegt wird.
Das Punktesystem zur Vergütung niedergelassener Ärzte wird 2009 ersetzt durch eine Gebührenordnung mit festen Euro-Preisen. Ärzte, die sich in unterversorgten Gebieten niederlassen, können Zuschläge erhalten.
Die Kassen erhalten mehr Möglichkeiten, mit den Herstellern günstige Preise in Direktverträgen auszuhandeln. Außerdem soll der Nutzen von bestimmten Medikamenten im Verhältnis zu ihren Kos- ten bewertet werden. Vor der Verordnung teurer oder nebenwirkungsreicher Spezialpräparate muss die Meinung eines weiteren Arztes eingeholt werden.
Statt wie bisher 2 Euro müssen Apotheker den Kassen pro verkaufter Pack- ung künftig 2,30 Euro Rabatt gewähren. Damit sollen jährlich rund 150 Millionen Euro eingespart werden.
Der Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser liegt bei rund 250 Millionen Euro. Dazu sollen die Krankenhausrechnungen für voll- und teilstationäre Leistungen bei gesetzlich versicherten Patienten um 0,5 Prozent gekürzt werden. Außerdem dürfen die Kliniken hochspezialisierte Leistungen etwa in der Krebsbehandlung ambulant anbieten.
Künftig sollen mehr Steuermittel an die Krankenkassen fließen. Im kommenden Jahr werden es wie in diesem 2,5 Milliarden Euro sein, im Jahr 2009 dann 4 Milliarden Euro. In den Folgejahren soll der jährliche Zuwachs 1,5 Milliarden Euro betragen, bis der Bundeszuschuss schließlich 14 Milliarden Euro beträgt. Dies wäre im Jahr 2016 der Fall. Wo das Geld im Bundeshaushalt locker gemacht wird oder ob die Steuern erhöht werden, ist unklar.
Der bisherige Risikostrukturausgleich wird ausgeweitet. Von 2009 an sollen die Kosten für bis zu 80 schwerwiegende Krankheiten zwischen den Kassen ausgeglichen werden. Außerdem werden Einkommensunterschiede der Versicherten zu 100 Prozent ausgeglichen (bisher 92 Prozent). Davon profitieren Kassen mit ärmeren und kränkeren Versicherten. Um Kassen in Ländern mit vergleichsweise gut situierter Einwohnerschaft zu schonen, gibt es eine Klausel. Diese soll sicherstellen, dass die Belastungen für die Kassen einzelner Länder 100 Millionen Euro pro Jahr nicht übersteigen.
Statt der bislang sieben Spitzenverbände wird künftig der Spitzenverband Bund die Interessen der Kassen vertreten. Der Gemeinsame Bundesausschuss, das Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern, soll die Beteiligung der Patientenvertreter stärken.