Sind Integrationskurse ein Erfolgsmodell oder verhindern sie eher die Integration? Soll der Nachzug ausländischer Ehegatten nach Deutschland nur bei ausreichender Sprachkenntnis möglich sein oder verstößt dies gegen das Grundgesetz? Ist das erweiterte Zugriffsrecht auf das Ausländerzentralregister ein unzulässiger Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht oder eine nötige Maßnahme zur Bekämpfung des Terrorismus?
Diese und andere Fragen wurden während der öffentlichen Anhörungen vor dem Innenausschuss am 21. und 23. Mai diskutiert. Grundlage bildete jeweils der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Neuregelung des Asyl- und Ausländerrechts ( 16/5065 ). Die eingeladenen Sachverständigen waren dabei alles andere als einig. In vielen Punkten lagen die Beurteilungen sogar weit auseinander.
Bei der geplanten Regelung zum Ehegattennachzug gebe es verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Bedenken, führte der Vertreter des Bundesverwaltungsgerichts Klaus Dienelt aus. Der Wunsch nach Sprachkenntnissen sei zwar "verständlich" und "integrationspolitisch wünschenswert". Ohne die Einführung einer bislang nicht vorgesehenen Härtefallklausel entstehe jedoch im Extremfall ein dauerhaftes Nachzugsverbot, das im Widerspruch zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stehe. Dagmar Freudenberg vom Deutschen Juristinnenbund forderte das Kriterium der Sprachkenntnisse "ersatzlos zu streichen". Damit würden Frauen aus Ländern, in denen es nur wenige oder keine Angebote für Sprachkurse gebe, diskriminiert.
Professor Kay Heilbronner von der Universität Konstanz verteidigte hingegen die Regelung: Aus dem Grundgesetzes, das den Schutz der Familie gewähre, lasse sich kein Anspruch auf den Nachzug ausländischer Ehepartner ableiten, so Heilbronner. Der Wunsch nach sprachlicher Integrationsfähigkeit nachziehender Ehepartner sei ein "gewichtiges Rechtsgut" - eine entsprechende Regelung sei nur dann verfassungsrechtlich bedenklich, wenn sie den Nachzug dauerhaft und irreversibel verhindere. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Ebenfalls kontrovers diskutiert wurden die Regelungen zur Rücknahme der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche. Demnach müssen junge Einbürgerungswillige ebenso wie bisher Erwachsene nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen bestreiten können. Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde in Deutschland lehnte dies ab. Viele junge Erwachsene könnten diese Anforderung nicht erfüllen. Dies liege jedoch nicht, wie von der Bundesregierung in der Gesetzesbegründung unterstellt werde, am fehlenden Bemühen um Ausbildung und Beschäftigung. Vielmehr sei verschärfte Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt der Grund für die hohe Zahl ausländischer Staatsangehöriger ohne Berufsausbildung.
Martin Jungnickel, Leiter des Einbürgerungsdezernates Darmstadt, teilte diese Kritik nicht. Nur wer sich um einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz nicht bemühe, sei davon betroffen. Er bezeichnete das Gesetz als "grundsätzlich richtig". Positiv hervorzuheben sei unter anderem, dass künftig der Einbürgerungsanspruch für Serien-Kleinkriminelle entfalle.
Von einem "Ausländerabwehrgesetz" sprach hingegen Mehmet Kilic, Vorsitzender des Bundesausländerbeirates. Mit hohen Voraussetzungen wie qualifizierten Sprachkenntnissen und "Gesinnungstests" versuche man Einbürgerung zu erschweren und zu verhindern. Derartige Verschärfungen, so Kilic, beruhten keineswegs auf EU-Vorgaben. Albert Schmid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bezeichnete die bisher stattgefundenen Integrationskurse als "Erfolgsgeschichte". Ein erfolgreicher Einbürgerungstest, so Schmid, sei ein gutes Zertifikat auch für den Berufseintritt. Es sei allerdings nötig und sinnvoll, Sanktionen bei Nichtteilnahme an diesen Kursen zu verhängen.