WALDBESITZ
Ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik besteht aus Wald. Knapp die Hälfte davon befindet sich in der Hand von Privateigentümern, aber alle dürfen sich darin erholen. Und bei der Bewirtschaftung gelten strenge Regeln.
Eine Waldinventur des saarländischen Umweltministeriums brachte Erstaunliches zu Tage: Es gibt Leute, die besitzen Wald und wissen es gar nicht. Zumeist haben sie ihre Parzelle geerbt und dann schlicht vergessen. Seit die Holzpreise Anfang der 1980er-Jahre fielen, war mit Wald auch kaum Geld zu verdienen. Der gestiegene Ölpreis macht Holz als Brennstoff jetzt wieder interessant. "Waldflächen sind gesucht", bestätigt Hans Ludwig Körner, Pressereferent der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzer. "Aber private Eigentümer verkaufen höchstens in wirtschaftlichen Notzeiten. Davon kann im Moment keine Rede sein."
Deutschland ist mit einer Waldfläche von 11,1 Millionen Hektar eines der waldreichs-ten Gebiete in Europa. Fast ein Drittel des Staatsgebietes ist mit Wald bedeckt. Rund zwei Millionen private Waldbesitzer nennen rund 44 Prozent an der gesamten Waldfläche ihr Eigen. In Frankreich gehören dagegen 74,8 Prozent des Waldes Privatbesitzern, in Österreich 81,9 und in Portugal sogar 84 Prozent.
Im jährlich erscheinenden Agrarbericht des Bundes sind fast 450.000 Forstbetriebe und landwirtschaftliche Betriebe mit Wald aufgeführt. Davon entfallen rund 78 Prozent auf eine Größenordnung zwischen einem bis fünf Hektar. "Vergessener" Waldbesitz ist meist kleiner als ein Hektar. Statistisch erfasst werden diese Parzellen nicht. In der Summe teilen sich die Kleinprivatwaldbesitzer aber immerhin rund 800.000 Hektar des deutschen Waldes. In den einzelnen Bundesländern unterscheiden sich die Eigentumsverhältnisse sehr stark. In den neuen Bundesländern beanspruchte die ehemalige DDR rund 70 Prozent des Waldes als "Volkswald". Im Einigungsvertrag wurde dann festgelegt, dass rund 49 Prozent der ostdeutschen Waldfläche wieder in private Hand kommen sollten. Zwischen 1992 und 2006 wurden rund 196.000 Hektar Wald an Privatleute verkauft.
Alle Bundesländer zusammen besitzen heute mit knapp einem Drittel der Fläche einen bedeutenden Anteil des Waldes in Deutschland. Weitere 20 Prozent sind im Eigentum von Städten und Gemeinden. Überraschend klein ist mit 3,7 Prozent hingegen der Anteil des Bundes.
Wer durch einen Wald spaziert, kann auf Anhieb kaum erkennen, wem das Areal gehört. Die meisten privaten Besitzer beschränken sich auf die wirtschaftliche Nutzung ihres Waldes. Dennoch müssen sie jedem Besucher ein Betretungsrecht einräumen. "Leider wird dieses Recht vor allem in Zeiten steigender Müllgebühren immer wieder von Leuten missbraucht, die im Wald einfach ihren Unrat entsorgen", beklagt Klaus Dominik, Waldbesitzer in Mülheim. "Wir bekommen zwar die Kosten für die Entsorgung vom Forstamt erstattet, aber der Ärger und die Arbeit bleiben", sagt er.
Der Gesetzgeber macht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Eigentümern. Das freie Betretungsrecht, das vor über 30 Jahren eingeführt wurde, sei für die privaten Besitzer aber eine bittere Pille gewesen, so Körner. Genießbar sei sie nur durch staatliche Fördermittel wie bei der Waldbrandversicherung und dem Wegebau geworden. "Aber diese öffentlichen Zuwendungen werden angesichts leerer Kassen immer stärker zurückgefahren", bedauert der Lobbyvertreter der privaten Waldbesitzer. "Das Betretungsrecht bleibt dagegen uneingeschränkt."
Seit Mitte der 70er-Jahre hat auch die "Mehrzweckforstwirtschaft" in allen Bundes- und Länderwaldgesetzen ihren Niederschlag gefunden. Was die von allen Waldbe-sitzern gleichermaßen eingeforderte "ordnungsgemäße Forstwirtschaft" beinhaltet, wird in den Länderwaldgesetzen aber nicht detailliert aufgeführt. Geregelt ist jedoch, dass Waldflächen ab einer bestimmten Flächengröße sowie noch nicht ausgereifte Baumbestände nur mit einer Genehmigung abgeholzt werden dürfen und der Bau gemeinschaftlicher Wege geduldet werden muss. Für alle Eigentümer gilt zudem der Nachhaltigkeitsgrundsatz: Sie dürfen nur so viel Holz ernten, wie sie gleichzeitig auf-forsten.
Nachbesserungen in den Waldgesetzen fordert Greenpeace. "Angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel muss der ökologische Aspekt bei der Waldbewirtschaftung insgesamt stärker betont werden", sagt Martin Kaiser. Der Wald-Experte der Umweltschutzorganisation moniert, dass es keine gesetzlichen Vorgaben für den Kahlschlag, das Ausbringen von Giften oder das Befahren von Waldböden mit Forstmaschinen gebe. "Wir müssen wieder verstärkt heimische Baumarten pflanzen und pflegen, nur so können wir das ökologische Gleichgewicht halten", sagt Kaiser. Diese Aufgaben kann und muss aus Sicht von Greenpeace am besten die öffentliche Hand bewältigen. Daher sind die Umweltaktivisten strikt gegen privatwirtschaftliche Organisationsformen von Staats- und Kommunalwäldern.
In den nächsten 50 Jahren muss nach Einschätzung des Deutschen Forstwirtschaftsrates etwa die Hälfte der deutschen Forste zu multifunktionalen Wäldern umgebaut werden. Wer die dafür benötigten 250 Millionen Euro allerdings aufbringen soll, steht in den Sternen.