WOHNRIESTER
Sparen für die eigenen vier Wände ist für den Staat nun gleich viel wert wie Sparen
für eine Zusatzrente. Das neue Eigenheimrentengesetz soll auch Impulse für die Bauwirtschaft geben
Sparen für das eigene Haus oder die eigene Wohnung wird wieder gefördert. Nach der Abschaffung der Eigenheimzulage hat der Bundestag jetzt den "Wohnriester" beschlossen, der rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft treten soll. Damit werden der Bau oder Kauf einer selbstgenutzten Immobilie sowie der Kauf von Anteilen an einer Wohnungsgenossenschaft genauso gefördert wie eine "normale" Riester-Rente.
Der Riester-Sparer kann sich dafür entscheiden, sein angespartes Guthaben entweder ganz oder bis zu maximal 75 Prozent für den Erwerb einer eigengenutzten Wohnung zu verwenden, ohne in der Ansparphase das entnommene Kapital wieder zurückzahlen zu müssen. Er kann es am Ende der Laufzeit auch dafür verwenden, sein Baudarlehen zu tilgen. Tilgungsleistungen werden als Sparbeitrag anerkannt. Die Investition in das mietfreie Wohnen im Alter wird also mit dem sonstigen Riester-Altersvorsorgesparen auf eine Stufe gestellt und durch staatliche Zulagen und steuerlichen Sonderausgabenabzug gefördert.
Das Eigenheimrentengesetz ( 16/8869, 16/9274, 15/9449) hat der Bundestag am 20. Juni auf Empfehlung des Finanzausschusses ( 16/9641) mit den Stimmen der Koalition, gegen das Votum der Linken bei Enthaltung von FDP und Grünen beschlossen. Den ursprünglichen Gesetzentwurf änderte das Parlament dabei in 24 Punkten. Zwar muss die Wohnungsbauprämie für Bausparer künftig auch für eine Wohnung verwendet werden, sonst wird sie zurückgefordert. Einzige Ausnahme: Bausparer unter 25 Jahren, die sieben Jahre gespart haben, können die Zulage in jedem Fall behalten. Damit sollen junge Leute auch ohne konkretes Bauvorhaben zum Bausparen animiert werden. Berufseinsteiger unter 25 Jahren, die einen Riester-Vertrag abschließen, erhalten eine Prämie von einmalig 200 Euro, immerhin doppelt so viel wie im Entwurf ursprünglich vorgesehen. Neu ist auch, dass nun Bezieher von Erwerbsminderungsrenten und Dienstunfähigkeitspensionen Riester-Verträge abschließen können.
Als Hauptproblem erwies sich die "nachgelagerte Besteuerung", die typisch ist für das Riester-System: In der Ansparphase sind die Beiträge steuerfrei, in der Auszahlungsphase im Alter müssen die Erträge versteuert werden. Wohnriester-Sparer, die ihr Guthaben komplett in die Immobilie investiert haben, beziehen im Alter aber keine Riester-Rente, mit der sie ihre Steuerschuld abstottern könnten. Um dieses Problem abzumildern können die Sparer wählen, ob sie zu Beginn der Auszahlungsphase die Steuer auf 70 Prozent ihres in der Immobilie steckenden Kapitals auf einen Schlag zahlen wollen. Der Beginn der Auszahlungsphase kann zwischen dem 60. und 68. Lebensjahr liegen. Wird von der Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht, müssen die "fiktiven" Erträge mindestens 17 und höchstens 25 Jahre lang, bis zum 85. Lebensjahr, versteuert werden.
Diese Steuer, fürchtet Carl-Ludwig Thiele (FDP), könne einige sogar unter das Existenzminimum drücken. Die FDP hatte im Bundestag einen Entschließungsantrag ( 16/9648) vorgelegt, dem allerdings nur noch die Grünen zustimmten. Um die Probleme der nachgelagerten Besteuerung zu umgehen, hatten die Liberalen vorgeschlagen, in der Ansparphase weniger hoch zu fördern, dafür aber im Alter auf die Besteuerung zu verzichten. Würde bei der allgemeinen Riester-Rente ein Kapitalwahlrecht eingeführt, hätten die Sparer die Möglichkeit, dieses Guthaben zur Tilgung von Baudarlehen zu verwenden, so die Fraktion.
Die Linksfraktion lehnt das Riester-System und damit die "Privatisierung und Individualisierung der Rentenversicherung" insgesamt ab, wie Barbara Höll betonte. Davon würden nur die Versicherungskonzerne profitieren. "Wohnriester ist in erster Linie ein Förderprogramm für die Versicherungswirtschaft", sagte sie. Gegen diesen Ansatz wandte sich Christine Scheel von den Grünen. Es sei unverantwortlich so zu tun, als käme man künftig ohne betriebliche und private Altersversorgung aus, sagte sie. Mit der FDP war sie sich in der Bewertung einig, dass es sich bei dem Gesetz um einen komplizierten bürokratischen Moloch handelt. "Eine gute Idee schlecht umgesetzt", lautete ihr Fazit.
Dagegen sprachen die Vertreter der Koalitionsfraktionen von einem guten Kompromiss. Der Finanzausschussvorsitzende Eduard Oswald (CDU/CSU) sagte, 61 Prozent der Deutschen hielten eine eigene Wohnimmobilie für die beste Altersvorsorge. Impulse erhofft er sich auch für die Bauwirtschaft. So seien die Genehmigungszahlen im Wohnungsbau gegenüber 2006 um 27 Prozent, bei Eigenheimen sogar um 35 Prozent zurückgegangen. In Teilen Deutschlands sei Wohnraum bereits knapp geworden. Die Wohneigentumsquote liegt nach Angaben von Sören Bartol (SPD) in Deutschland bei nur 43 Prozent und damit weitaus niedriger als in vielen anderen europäischen Ländern.
Hans-Ulrich Krüger (SPD) wies darauf hin, dass für Kombinationsmodelle aus Bausparvertrag und Darlehen künftig der Effektivzins angegeben werden muss. Ebenso reduziert sich die Kündigungsfrist bei Riester-Bausparverträgen von sechs auf drei Monate. "Die Riester-Rente wird noch attraktiver", so Krüger. Nach den Worten der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Nicolette Kressl (SPD), sind bisher rund elf Millionen Riester-Verträge abgeschlossen worden.