Bundesnetzagentur
Kosten für Leitungsentgelte für Strom und Gas sinken. Anbieterwechsel nehmen zu
Die Strom- und Gaspreise explodieren, dasselbe gilt für die Kosten von Benzin und Diesel. Nicht teurer geworden sind jedoch die Entgelte der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Gas- und Stromnetze - also für die Nutzung der Leitungen, durch die der Strom in die Steckdose kommt. Im Gegenteil: Diese Kosten sind seit 2006 gesunken. Das geht jedenfalls aus dem Tätigkeitsbericht 2005 bis 2007 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen ( 16/9000) hervor, über den der Bundestag am 19. Juni debattierte.
Darin heißt es: Für den Bereich Strom kann belegt werden, dass die Netzkosten durch die Entgeltregulierung der Bundesnetzagentur bei den drei relevanten Kundenkategorien (Industrie, sonstiges Gewerbe, Haushalte) gegenüber 2006 signifikant gesunken sind. Warum die meisten Kunden dies jedoch noch nicht so richtig gemerkt haben, weiß der Bericht auch: "Diese Reduzierungen wurden jedoch - außer bei der Industrie - durch höhere Strombezugskosten, Steuern und Abgaben überkompensiert."
Für die Regierung gibt es für diese Preisexplosionen viele Ursachen. Dazu zählt die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dagmar Wöhrl (CSU), die Entwicklung der Primärenergiekosten und auch die staatlich veranlassten Bestandteile, die einschließlich der Umsatzsteuer rund 40 Prozent des Strompreises ausmachen. "Wir brauchen in diesem Bereich mehr Wettbewerb, aber keine staatlich vorgeschriebenen Sozialtarife", betonte Wöhrl in der Debatte. Wichtige Themen seien auch Energieeffizienz und Energieeinsparung, bei der Deutschland schon weit vorangekommen sei. Dabei bezog Wöhrl sich auf eine Studie des Mineralölkonzerns BP: Danach ist der Energieverbrauch in Deutschland insgesamt um 5,6 Prozent gesunken, in der Europäischen Union nur um 2,2 Prozent. Dagegen ist weltweit der Verbrauch von Primärenergie um 2,4 Prozent gestiegen.
Den hohen Anteil der Steuern und Abgaben am Strompreis kritisierte vor allem Gudrun Kopp (FDP). Es reiche nicht aus einfach nur festzustellen, dass sich die Steuern und Abgaben auf Energie von 2,2 Milliarden Euro im Jahr 1998 auf derzeit über 13,7 Milliarden Euro erhöht hätten. Dies sei schließlich mehr als eine Versechsfachung der politisch verursachten Lasten für den Kunden. Dagegen müsse was getan werden.
Weiter wies sie darauf hin, dass die Bundesnetzagentur die Politik auffordere, die richtigen Rahmenbedingungen für den dringend notwendigen Netzausbau zu setzen. "Wir wollen nicht nur, dass in Leitungen investiert wird und dass Leitungen verlegt werden, sondern auch, dass nach wie vor Wert auf die Qualität der Leitungen gelegt wird", sagte Kopp.
Für Hans-Kurt Hill von der Linksfraktion greift die Kontrolle der Netze durch die Regulierungsbehörde zu kurz. Zudem sei durch die Einführung der Bundesnetzagentur der öffentliche Einfluss auf die anderen Bereiche abgeschafft worden. Die Folge davon sei, dass die Strom- und Gaspreise ungebremst ansteigen würden. Daneben finde bei der Netznutzung keine Lenkung hin zum Klimaschutz und zur Energieeffizienz statt, kritisierte er. Auch die für das kommende Jahr vorgesehene Anreizregulierung werde nicht mehr Wettbewerb auf der Netzebene schaffen, prognostizierte Hill. "Am Ende stehen dann höhere Energiepreise und weniger kommunale Selbstversorgung und damit noch weniger Wettbewerb." Deshalb forderte er die Überführung der großen Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand. Auch für Kerstin Andreae (Bündnis 90/Die Grünen) gibt es noch keinen funktionierenden Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Sie kritisierte, dass sich die Regierung dafür einsetze, dass die Energieversorgungsunternehmen ihre Netze behalten sollten - obwohl die Unternehmen die Netze verkaufen wollten. Auch sie sprach sich gegen Sozialtarife aus und setzte sich für mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt ein.
Klaus Barthel (SPD) wies darauf hin, dass die Erfolge der Regulierung durch die Bundesnetzagentur für den Kunden "leider kaum spürbar" seien, weil sie durch die Preissteigerungen bei den Energierohstoffen überkompensiert würden. Auch bei der Energieproduktion liege der Verdacht nahe, dass Marktmacht ausgenutzt werde. Es könne nicht sein, dass die Bundesnetzagentur jedes Netzentgelt bis auf die zweite Kommastelle prüfe und kürze, während sich die Energiekonzerne gleichzeitig an anderer Stelle mehrfache Beträge, die weder etwas mit moderner Energieerzeugung noch mit fairem Wettbewerb noch mit Investitionen zu tun hätten, in die Kassen stopfen, meinte er.
Um bei den Energiekosten zu sparen, ist jedoch auch der Verbraucher selbst gefordert. Das meinte jedenfalls Joachim Pfeiffer (CDU/CSU). So solle der Verbraucher einen Anbieterwechsel in Betracht ziehen. "Wir haben die Rahmenbedingungen so verändert, dass dieser Anbieterwechsel problemlos möglich ist", sagte der Abgeordnete.
Dies werde von den Kunden bereits im großen Umfang genutzt, und die entsprechenden Effekte seien schon eingetreten: Von 1998 bis 2007 hätten gerade einmal zwei Millionen Verbraucher den Anbieter gewechselt. Aber allein im Jahr 2007 seien dies 4,5 Millionen Verbraucher gewesen. So hätten in dem Jahr mehr Bürger den EnergielieferatenAnbieter gewechselt als in neun Jahren zuvor. "Insofern kommt Dynamik in diesen Bereich", so Pfeiffer.