In der Silvesternacht 2000/2001 erlitten 203 Jugendliche bei einem Brand in einer Diskothek im niederländischen Volendam schwere Verbrennung. In 27 Krankenhäusern wurden die Brandopfer mit Hauttransplantationen behandelt. Insgesamt 20 Quadratmeter Haut hatten die Ärzte am Ende verpflanzt - die Haut stammte von Leichen. Das ist eine Geschichte. Andere Geschichten handeln von aufgespritzten Lippen oder Penisvergrößerungen. Das dabei eingesetzte Mittel Alloderm wird ebenfalls aus der Haut von Leichen gewonnen.
Die Journalistin Martina Keller hat sich auf die Spuren jener Verwertung des menschlichen Körpers gemacht, der in der Diskussion zwar meist ein Schattendasein führt, in der Realtität aber eine viel größere Rolle spielt als die Transplantation von Herzen oder Nieren: die Gewebemedizin. Der Buchtitel "Ausgeschlachtet. Die menschliche Leiche als Rohstoff" darf wörtlich genommen werden. Haut, Sehnen, Knochen - so ziemlich alles wird recycelt.
Kellers Buch bietet eine guten Einblick in medizinische und ethische Fragen, leuchtet Grauzonen zwischen Gemeinnützigkeit und Kommerz aus. Und fordert Grenzen.
Ausgeschlachtet. Der menschliche Leiche als Rohstoff.
Econ Verlag, Berlin 2008; 250 S.; 18 ¤