(am 20.10.2005 im Parlamentsfernsehen des
Deutschen Bundestages)
Frage: Herzlichen Glückwunsch, Herr Präsident, zu Ihrem
neuen, hohen Amt. Was haben Sie gefühlt, gedacht, als Sie am
18. Oktober mit dem Rekordergebnis von über 93 Prozent zum 12.
Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt wurden?
Immerhin sind Sie nun protokollarisch zweiter Mann im Staate.
Bundestagspräsident Norbert Lammert: Ehrlich gesagt, das
Gefühl war in dem Moment nicht so gewaltig wie das Ergebnis.
Möglicherweise kommen solche Empfindungen doch erst mit einem
gewissen zeitlichen Abstand. Tatsächlich habe ich mich
zunächst fast über das Ergebnis erschrocken. Aber dass
mich das ganz unmittelbar im Augenblick der Bekanntgabe besonders
beeindruckt hätte, wäre eine nachträgliche
Beschönigung der tatsächlichen Abläufe.
Frage: Wie, Herr Lammert, würden Sie einem
Außenstehenden die Bedeutung Ihres Amtes erklären?
Lammert: Am liebsten gar nicht. Das machen andere fast immer
besser. Dieses Amt ist eigentlich mit fast keinem anderen
politischen Amt vergleichbar, weil es erkennbar nicht jenseits der
aktiven Politik angesiedelt ist, sondern mitten in der konkreten
operativen Politik und gleichzeitig und definiert durch seine
Geschäftsordnung außerhalb des Parteienstreites steht.
Dieser gelegentlich kunstvolle Spagat ist gewissermaßen der
dauernde Intelligenztest, der jedem amtierenden Präsidenten
abverlangt wird.
Frage: Sie stehen ja nicht nur an der Spitze des Parlaments,
sondern sind zugleich - was Viele nicht wissen - auch Chef eines
großen Service-Betriebes, denn dem Parlament arbeiten rund
2200 Beschäftigte zu. Planen Sie da Veränderungen?
Lammert: Vom Grundsatz bleiben die Strukturen sicherlich erhalten.
Dass ich im Übrigen auch einmal Polizeichef werden würde,
hätte ich mir nie träumen lassen, gehört aber zu den
Besonderheiten dieses Amtes.
Frage: ...weil der Bundestag eine eigene, Ihnen unterstehende
Polizei hat. Herr Präsident, welches Amtsverständnis
haben Sie und wie wird das Ihre Amtsführung prägen?
Lammert: Ich weiß nicht, ob ich ein besonderes
Amtsverständnis habe. Die Rechte und die Pflichten des
Präsidenten sind in der Geschäftsordnung eindeutig
formuliert, und ich glaube nicht, dass irgendjemand den Ehrgeiz
hätte - ich jedenfalls nicht - über diese dort
festgelegten Funktionen hinaus Zuständigkeiten für sich
zu reklamieren. Und noch weniger kann ich mir vorstellen, dass
irgendjemand für sich erklärt oder beabsichtigt, einer
dieser ausdrücklich formulierten Aufgaben nicht nachzukommen.
Die Frage ist also nicht so sehr, wie das Amtsverständnis
jeweils aussieht, sondern mit welcher persönlichen Handschrift
es wahrgenommen wird.
Frage: Und welche Handschrift wird das sein?
Lammert: Nun, man hat ja schon mindestens drei laufende Jahre
konkrete Erfahrungen mit meiner Handhabung des Amtes machen
können, nämlich immer da, wo ich es in Vertretung des
damaligen Präsidenten wahrgenommen habe.
Frage: Jeder Präsident hat sich bemüht, die Arbeit des
Bundestages effektiver, lebendiger und transparenter zu machen.
Werden auch Sie an dieser permanenten Parlamentsreform arbeiten und
welche Schwerpunkte sind da zu erwarten?
Lammert: Das Parlament ist ja ein lebendiges Organ, bei dem es
weniger schwierig ist, sicherzustellen, dass es Veränderungen
gibt, als umgekehrt den Ehrgeiz zu entwickeln, dass alles so
bleiben müsse, wie es in der Vergangenheit immer war. Bei den
Veränderungen, die sich durch die veränderte
Zusammensetzung des Parlaments von alleine ergeben, sowohl was die
gewählten Persönlichkeiten wie was die
Stärkeverhältnisse angeht, sollte der Präsident
nicht den Ehrgeiz entwickeln, gewissermaßen als
Chefpädagoge aufzutreten.
Frage: Sie gelten nach 25 Jahren Parlamentszugehörigkeit nicht
nur als höchst erfahrener Politiker, sondern persönlich
auch als Mann mit viel Humor. Werden Sie Ihr Amt weiterhin mit
Würde, aber auch mit Witz und Ironie ausüben?
Lammert: Ganz sicher. Für mich gibt es, was den Ablauf von
Plenarsitzungen und auch anderer politischer Gremien angeht, die
nicht in gleicher Weise unter dauernder öffentlicher
Aufmerksamkeit stehen, keinen Gegensatz zwischen Ernsthaftigkeit
und Fröhlichkeit. Das sollte man auch nicht gegeneinander
ausspielen. Es muss schon ernsthaft zugehen, aber es muss nicht
steif und langweilig sein.
Frage: Nun sind die Verhältnisse nicht ganz einfach. Erstmals
seit Jahren gibt es wieder fünf Fraktionen im Parlament, zudem
wird eine Große Koalition unser Land regieren. Sind das
erschwerte Herausforderungen für den neuen
Präsidenten?
Lammert: Es sind andere, ob es erschwerte Bedingungen sind, warten
wir mal ab.
Frage: Wie wollen Sie der Gefahr begegnen, dass die kleinen
Fraktionen angesichts der breiten Mehrheit des Regierungslagers
unter die Räder kommen? Wie also wird der Umgang mit den
kleinen Fraktionen - also mit der Opposition - sein? Wir fragen
dies auch vor dem Hintergrund des Eklats der Nicht-Wahl von Lothar
Bisky zum Vizepräsidenten bei der konstituierenden Sitzung.
War das ein Fehlstart, ein schlechtes Omen?
Lammert: Die beiden Themen haben zunächst einmal wenig
miteinander zu tun. Das eine Thema ist die Frage, ob unter den
Bedingungen einer Großen Koalition, die im Übrigen ja
noch nicht zustande gekommen sondern nur beabsichtigt ist,
über die Ausgestaltung der Minderheitenrechte der Opposition,
möglicherweise mit Blick auf Quoren für bestimmte
Initiativrechte, Modifizierungen erfolgen. Das, finde ich, muss man
sich in Ruhe ansehen. Wenn konkrete Situationen auftreten, bei
denen Zweifel daran bestehen, ob hier nun eine hinreichend
wirkungsvolle Wahrnehmung der Rechte möglich ist, die eine
Opposition haben muss - übrigens nicht im Interesse der
jeweiligen Fraktion, sondern im Interesse der Aufgaben des
Parlamentes - dabei werde ich persönlich ganz sicher ein
hartnäckiger Verfechter der Interessen der Opposition
sein.
Die gescheiterten Wahlgänge eines Vizepräsidenten aus den
Reihen der Linkspartei sind ein anderes Thema, das mit dem
erstenursächlich nichts zu tun hat, gleichwohl im Ergebnis und
schon gar für den Tag der Konstituierung sicher mehr als ein
Schönheitsfehler gewesen ist.
Frage: Es gibt sechs Vizepräsidenten - so viel wie noch nie.
Zusammen mit Ihnen, dem Präsidenten, stellen Union und SPD
vier der insgesamt sieben Präsidiumsmitglieder, majorisieren
also die drei anderen Fraktionen. Verträgt sich das mit dem
Anspruch auf Fairness?
Lammert: Ganz sicher. Ich müsste mich sehr konzentrieren, um
Ihnen aus meiner dreijährigen Zugehörigkeit zum
Präsidium ein Beispiel dafür zu nennen, wann im
Präsidium je über eine Frage streitig abgestimmt worden
wäre. Das Präsidium ist ein Kollegialorgan. Wir haben
durchaus im Präsidium gelegentlich streitige
Auseinandersetzungen, aber es ist ganz selten vorgekommen, dass wir
per Mehrheitsentscheid eine verbindliche Position festgelegt
hätten.
Frage: Erwarten Sie mit dem Einzug der Linkspartei heftigere
Auseinandersetzungen im Parlament, zumal es ja alte Rechnungen und
Rivalitäten mit der SPD gibt?
Lammert: Nein, die erwarte ich nicht. Wer so lange dem Bundestag
angehört wie ich, hat jede Gangart bereits erlebt. Diejenigen,
die an der Stelle ganz besondere Temperamentsausbrüche
erwarten, haben vermutlich schlicht frühere Erfahrungen nicht
mitbekommen.
Frage: Herr Präsident, Sie haben gesagt, der Bundestag sei
nicht das Vollzugsorgan der Regierung, sondern sein Auftraggeber.
Dennoch ist immer wieder von Kompetenz- und Machtverlust des
Parlaments die Rede. Waren das nur schöne Worte oder werden
Sie die Souveränität des Parlamentes verteidigen?
Lammert: Die Bemerkung war ausdrücklich nicht als rhetorische
Floskel gemeint. Wir haben in Deutschland ein parlamentarisches
Regierungssystem. Das bedeutet zum einen, dass das Volk, dass die
Wählerinnen und Wähler, nicht die Regierung wählen,
sondern das Parlament. Und dass das Parlament durch die durch
Wählerentscheid gegebenen Mehrheitsverhältnisse eine
Regierung bestellt und gegebenenfalls auch abberuft. Daraus ergibt
sich wiederum zwangsläufig eine viel stärkere Zuordnung
von Regierungsarbeit und Parlamentsarbeit der Mehrheitsfraktionen,
als es in anderen politischen Systemen mit stärkerer Trennung
zwischen Regierung und Parlament der Fall ist. Weil das so ist,
muss man um so mehr, jedenfalls von Zeit zu Zeit, daran erinnern,
dass diese unvermeidliche, durch unsere Verfassung gewollte
Zusammenarbeit eben nicht bedeutet, Zentrum des politischen Systems
sei die Regierung und zu den Hilfsorganen gehöre das
Parlament. Wenn überhaupt, ist es umgekehrt.
Frage: Nun neigt gerade eine Große Koalition gerne dazu,
wichtige politische Entscheidungen in kleine Zirkel und
Koalitionsrunden zu verlegen. Fürchten Sie, dass dies auch
jetzt wieder passieren wird?
Lammert: Ich gehe fest davon aus, dass es in dieser
Legislaturperiode, wie in allen Perioden zuvor, neben der
förmlichen Arbeit an Gesetzen, Entschließungen,
politischen Initiativen auch informelle Gremien gibt, die solche
Arbeiten vorbereiten und begleiten. Ich finde im Übrigen das,
was im Umfeld des Parlaments an solchen Gremien sich bildet noch
weniger problematisch als das, was sich im Umfeld von Regierungen
bildet. Das im Regierungshandeln versteckte Vorarbeiten ist
regelmäßig viel weniger öffentlich
transparent.
Frage: Verliert der Bundestag nicht doch an Gestaltungseinfluss,
wenn, wie in der letzten Legislaturperiode, Kommissionen und
Vermittlungsausschuss bis ins Detail und aufs Komma Vorgaben
machen? Manche Abgeordnete wussten nachher gar nicht mehr,
worüber sie abstimmen.
Lammert: Ein glänzendes Beispiel für meine These. Denn
der Vermittlungsausschuss ist eben keine der vielen beschimpften
Kommissionen sondern ein in unserer Verfassung vorgesehenes Organ
zur Überwindung unterschiedlicher Positionen der beiden
Verfassungsorgane Bundestag und Bundesrat. Das hat mit
"Kommissionitis" überhaupt nichts zu tun.
Frage: Herr Präsident, was kann man tun, um das
Selbstbewusstsein des Parlaments zu stärken? Immerhin ist der
Bundestag als einzig direkt gewähltes Verfassungsorgan unser
höchster Souverän.
Lammert: Ich habe nicht den Eindruck, dass man einen Freundeskreis
zur Unterstützung vergrößerten Selbstbewusstseins
der Parlamentarier gründen müsste. Dieses
Selbstbewusstsein ist schon da, individuell in der Regel
prächtig entwickelt. Es sollte in bestimmten Situationen
vielleicht auch mal als Institution sich stärker zu Wort
melden. Also ich mache mir keine Sorgen, dass wir uns in Zukunft
mit Minderheitskomplexen auseinandersetzen müssen.
Frage: Es hat viel Kritik an der Auflösung des Parlaments
über die gezielte Vertrauensfrage gegeben. Wie stehen Sie zum
Selbstauflösungsrecht des Bundestages?
Lammert: Diese Diskussion ist ja nicht neu, sie wird in
regelmäßigen Abständen neu geführt. Es gibt
beachtliche Argumente für ein ausdrückliches
Selbstauflösungsrecht des Parlaments, aber auch beachtliche
dagegen. Mein Eindruck ist, dass wir eine neuerliche, vielleicht
auch formalisierte Debatte zu diesem Thema bekommen werden, weil es
eine Reihe entsprechender Ankündigungen gibt. Ich empfehle uns
allerdings sehr, diese Diskussion dann sorgfältig zu
führen und dabei den Eindruck zu vermeiden, als sei
völlig klar, dass wir hier eine Verfassungslücke dringend
schließen müssten. Ich persönlich gehe mit dem
Thema eher etwas zögerlicher um, weil ich nach der
jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch
weniger eine Lücke in der Verfassung erkenne als zuvor.
Frage: Zum Thema Parlament und Öffentlichkeit: Was sagen Sie
zu der Kritik, manche Talkshow im Fernsehen sei inzwischen
politisch wichtiger und ergiebiger als viele
Parlamentsdebatten?
Lammert: Dazu drei Bemerkungen: Auf die Programmgestaltung der
öffentlich-rechtlichen wie schon gar der privaten Rundfunk-
und Fernsehanstalten hat der Deutsche Bundestag keinen Einfluss,
will er auch keinen Einfluss nehmen. Ob es zu Glanz- und
Strahlkraft der Fernsehanstalten beiträgt, dass zu jeder
Tages- und Nachtzeit auf den allermeisten Kanälen diese
Talkshows zu besichtigen und anzuhören sind, mögen andere
entscheiden. Zweitens: Der Deutsche Bundestag hat kein Monopol auf
Meinungsbildung, nie gehabt, weder qua Verfassung, noch in der
politischen Realität. Aber Drittens: Dass er das entscheidende
politische Forum der Nation ist, steht genauso außerhalb
jeder ernsthaften Debatte. Selbst eine Multiplizierung der Anzahl
der Talkshows würde nichts daran ändern, dass der
prinzipielle Unterschied zwischen einer Talkshow und einer
Parlamentsdebatte darin besteht, dass die letztere zu einer
Entscheidung führt und dass die erste, wenn es gut geht, zur
Information, meist mehr zur Unterhaltung beiträgt.
Frage: Welchen Stellenwert hat für Sie die öffentliche
Darstellung des Parlaments? Und: Was wäre hier
verbesserbar?
Lammert: Es ist überall etwas verbesserbar. Ich habe in meiner
Antrittsrede ausdrücklich darauf hingewiesen, dass weder
Parteien noch Parlamente, weder Regierungen noch Oppositionen sich
gegenwärtig auf dem Höhepunkt ihres öffentlichen
Ansehens befinden. Dafür gibt es viele Gründe, allerdings
keinen einfachen und keinen eindeutigen Zusammenhang. Wir
müssen das ernst nehmen. Gerade weil es kein Patentrezept gibt
und weil wir auch nicht die einzigen sind, die auf das Ansehen von
Parlamenten Einfluss haben, müssen wir jedenfalls den
Einfluss, den wir selber haben, tatsächlich wahrnehmen.
Frage: Wie stark werden Sie die Instrumente nutzen, die Ihnen der
Bundestag selbst bietet - etwa das Parlamentsfernsehen, die
Online-Dienste, die Zeitschrift "Blickpunkt Bundestag" oder die
Wochenzeitung "Das Parlament"?
Lammert: Dazu möchte ich in meinen ersten Amtstagen noch keine
abschließenden Erklärungen vortragen. Ich bin froh, dass
der Deutsche Bundestag über eigene Informations- und
Kommunikationsmedien verfügt. Ich weiß, dass das in der
Vergangenheit durchaus umstritten gewesen ist. Persönlich bin
ich fest davon überzeugt, dass gerade auf dem Hintergrund der
konkurrierenden Medienlandschaft in Deutschland der Deutsche
Bundestag solche eigenen Informations- und Kommunikationsmedien
braucht. Ob er sie immer so effizient wie denkbar möglich
genutzt hat, das ist eine andere Frage. Darüber werden wir im
neuen Präsidium sprechen müssen.
Frage: Also eine neue Form des Dialogs mit dem Bürger?
Lammert: Ganz sicher.
Frage: Rund 2,6 Millionen Menschen besuchen im Jahr die
gläserne Kuppel auf dem Reichstagsgebäude. Fällt mit
diesem großen Zuspruch auch Glanz auf das Parlament?
Lammert: Ich würde lieber fragen, ob es nicht ein schöner
Nachweis für die Attraktivität des deutschen Parlaments
ist, dass der Sitz des Bundestags gleichzeitig die mit Abstand
größte Berliner Touristenattraktion ist. Ich denke
schon, dass die Attraktivität der Kuppel mit dem
atemberaubenden Blick auf die Stadt auch mit einem gewissen
Interesse an der Arbeitsweise des Bundestages gekoppelt ist.
Frage: Von Ihrem neuen Büro im Reichstagsgebäude haben
Sie ja auch einen herrlichen Blick auf das Regierungs- und
Parlamentsviertel. Haben Sie es schon bezogen?
Lammert: Der Umzug ist noch keineswegs abgeschlossen. Allerdings
unter dem Aspekt des Ausblicks hätte ich keinen
Veränderungsbedarf gehabt: Denn von meinem bisherigen
Büro hatte ich das Reichstagsgebäude voll im Blick. Nun,
nach dem Umzug, muss ich mich mit der Tatsache abfinden, dass man
aus dem Reichstagsgebäude nicht gleichzeitig auf dasselbe
blicken kann.
Frage: Zum eher privaten Norbert Lammert. Wer Ihre Homepage
betrachtet, kann dort meinungsfreudige Kritiken über Theater-
oder Konzertaufführungen, über Harald Schmidt und Herbert
Grönemeyer lesen. "Wir denken selber", heißt Ihre
Antwort auf die Kritik, die CDU sei zu fern von den Intellektuellen
und der Kulturszene. Ist Norbert Lammert ein bekennender
Intellektueller?
Lammert: Das ist wieder eine Frage, die andere beantworten
müssen. Meine richtig zitierte Antwort bezog sich auf die
Vermutung eines deutschen Wochenmagazins, dass die mit uns
konkurrierende große Volkspartei über eine Fülle
von Intellektuellen verfüge, die für sie dächten.
Und die Frage, wer das eigentlich bei uns tue, habe ich in der Tat
so beantwortet: Das machen wir in der Regel selber.
Frage: Als Mann aus Bochum und dem Ruhrgebiet sind Sie sicherlich
auch sport- und vor allem fußball-begeistert. Wer darf auf
Ihr Interesse hoffen?
Lammert: Als gebürtiger Bochumer bin ich, wie sich das
gehört, seit Jahrzehnten zahlendes und leidendes Mitglied des
VfL Bochum. Die Aufregung über die jeweiligen Spielergebnisse
wird nur durch die gelegentliche Spannung an Wahlabenden noch
überboten. Die eigenen aktiven Möglichkeiten sind im
Laufe der Zeit naturgemäß etwas eingeschränkt
worden. Immerhin habe ich viele Jahre in der Fußballmannschat
des Deutschen Bundestages mitgespielt.
Frage: In welcher Position?
Lammert: Das werden Sie nicht für möglich halten: In der
Regel habe ich Rechtsaußen gespielt, also just auf der
Position, in der mich die eigene Fraktion ganz sicher nicht
vermutet hätte.
Frage: Sie wurden ja auch als Kultur-Staatsminister im Kanzleramt
gehandelt. Gibt es da ein tränendes Auge, dass Sie dies nicht
geworden sind?
Lammert: Nein, es gibt auch härtere Situationen im Leben als
sich zwischen diesen beiden Ämtern entscheiden zu müssen.
Meine Parteivorsitzende wusste, dass dann, wenn diese
Möglichkeit bestehen würde, ich persönlich das Amt
des Bundestagspräsidenten dem fraglos wichtigen anderen Amt
vorziehen wollte.
Frage: Verraten Sie, Herr Präsident, uns zum Schluss einen
Wunsch, mit dem Sie in Ihre Amtsperiode gehen?
Lammert: Ich habe mir diese Frage selber nie vorgelegt. Aber wenn
mich das bei meiner Wahl außergewöhnliche Maß an
Sympathie und Vertrauen meiner Kolleginnen und Kollegen durch die
ganze Legislaturperiode begleiten würde, bliebe eigentlich
kaum noch etwas zu wünschen übrig.
(25.10.05)