Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
Unterschiedliche Ansichten vertreten Experten bei der Beurteilung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzes zur Neuordnung der ERP-Wirtschaftsförderung ( 16/4664). Dies wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss am Montag, dem 23. April 2007, deutlich. Das Gesetz sieht eine Abführung von zwei Milliarden Euro aus dem ERP-Sondervermögen (European Recovery Program) in den Bundeshaushalt vor. Als Ausgleich dafür ist geplant, dem Sondervermögen Rechte des Bundesfinanzministeriums an Rücklagen der KfW-Bankengruppe in Höhe von einer Milliarde Euro zu übertragen. Zugleich solle das Sondervermögen Rückstellungen in Höhe von einer Milliarde Euro auflösen. Der Bund will dabei die Verbindlichkeiten des ERP-Sondervermögens und Forderungen in gleicher Höhe übernehmen.
Der Bundesrechnungshof kritisierte den Entwurf. Profitieren werde von der Neuregelung lediglich der Bundeshaushalt, nicht jedoch das ERP-Sondervermögen. Dem Abfluss von liquiden Mitteln in Höhe von zwei Milliarden Euro stünden als Kompensation Rechte an Rückstellungen und Forderungen gegenüber. Um diese geltend machen zu können, seien jedoch Zwischenfinanzierungen nötig, die allein das ERP-Sondervermögen zu tragen habe. Chancen und Risiken seien ungerecht verteilt, betonte der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken. Der Tausch von liquiden gegen illiquide Mittel führe "de facto" zu einem Liquiditätsverlust von zwei Milliarden Euro. Daher bestünden erhebliche Zweifel, ob die Substanz des ERP-Sondervermögens erhalten bleibe. Wettbewerbspolitische Bedenken gebe es außerdem hinsichtlich der geplanten Übertragung des restlichen ERP-Vermögens als Eigenkapital auf die KfW. Diese würde dadurch, gemessen an ihrer Eigenkapitalausstattung, zu einem der größten deutschen Kreditinstitute werden, ohne der Bankenaufsicht zu unterliegen.
Bei der KfW bewertet man die Übertragung als "wettbewerbsrechtlich neutrale Transaktion". Die KfW handle weiterhin im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages, der nach Verständigung mit der EU-Kommission im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen des Wettbewerbs neu formuliert wurde. Am Einsatz der Mittel zu Förderzwecken ändere sich nichts. Auch gewinne die KfW keine neuen Kunden, da sie auch bisher ERP-Darlehen durchgeleitet habe. Nach Ansicht von Professor Michael Sachs von der Universität Köln bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Gesetzentwurf. Die Entscheidungsbefugnisse der Gesetzgebungsorgane hinsichtlich der Verwendung der Erträge des in die KfW eingebrachten ERP-Sondervermögens würden nicht geschmälert. Einen von verschiedenen Seiten geforderten "Parlamentsvorbehalt" in das Gesetz einzubauen sei nicht nötig, so Sachs. Es gebe hinsichtlich der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten keine Änderung zur bisherigen Praxis.
Aus völkerrechtlicher Sicht sei der Entwurf ebenfalls unbedenklich, sagte Professor Christian Tomuschat von der Humboldt Universität Berlin. Die USA hätten keine Rechte auf Mitsprache bei der Neuregelung des ERP-Sondervermögens. Die Marshallplan-Hilfe der USA habe zwar zur schnellen wirtschaftlichen Gesundung im westlichen Teil Deutschlands erheblich beigetragen. Die damit verbundene "immense Dankbarkeitsschuld" habe jedoch keine rechtliche Verfestigung erfahren. Dem widersprach Professor Christian Waldhoff von der Universität Bonn. Seiner Ansicht nach gibt es durchaus ein Mitspracherecht der USA in dieser Frage. Zwar hätten sich die USA in der Tat in den letzten 40 Jahren aus der Mittelverwendung der Gelder vollständig herausgehalten. Nun stehe jedoch eine grundsätzliche Umstrukturierung des gesamten Konzepts bevor, welche durch die Eingliederung des ERP-Vermögens in eine staatliche Bank zu einer Entparlamentarisierung des gesamten Komplexes führe.
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