Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Gesundheit
Auf differenzierte Zustimmung, aber auch auf Ablehnung stößt bei Interessen- und Berufsverbänden sowie Wissenschaftlern der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Entwurf eines Gendiagnostikgesetzes ( 16/3233), wie am Mittwoch, dem 7. November 2007, bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses in Erklärungen der Sachverständigen und in schriftlichen Stellungnahmen deutlich wurde.
Der Entwurf zielt unter anderem auf das Verbot einer
Benachteiligung von Menschen im Arbeitsleben und im
Versicherungswesen aufgrund einer Genanalyse und schreibt das
Prinzip der Freiwilligkeit bei solchen Tests fest, will aber auch
die Forschung auf diesem Feld und die damit verbundenen
medizinischen Fortschritte sichern.
Wie Professor Jochen Taupitz von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft bezeichnete es Professor Peter
Propping von der Bundesärztekammer als falsch, sich
bei einer gesetzlichen Regelung auf die Gentechnik und damit auf
eine bestimmte Untersuchungsmethode zu beschränken:
Entscheidend und damit regelungsbedürftig sei vielmehr der
Umgang mit den Ergebnissen von Diagnosetechniken, also mit der
Prognose von Krankheiten. Propping wies darauf hin, dass nach dem
Gesetzentwurf eine genetisch bedingte Krankheit einer
Privatversicherung nicht offenbart werden müsse, eine
ähnlich gelagerte Krankheit hingegen schon. Taupitz forderte,
die juristischen Probleme der Gentechnik erst einmal im Rahmen des
jetzigen Medizinrechts zu klären.
Die Spitzenverbände der gesetzlichen
Krankenkassen begrüßten in einer Stellungnahme
den Vorstoß der Grünen und plädierten dafür,
die Gendiagnostik nur dann zu praktizieren, wenn dies für
Patienten einen klinischen Nutzen habe.
Der Verband der privaten Krankenversicherung
und der Gesamtverband der Deutschen
Versicherungswirtschaft lehnen ein umfassendes Verbot der
Verwendung genetischer Untersuchungen vor und nach Abschluss von
Versicherungsverträgen hingegen als Eingriff in die
Vertragsfreiheit ab. Zudem sei eine gesetzliche Regelung nicht
notwendig, da sich die Privatversicherer bis 2011 freiwillig auf
einen restriktiven Umgang mit Gentests verpflichtet
hätten.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen
unterstützt jedoch den im Gesetzentwurf vorgesehenen Schutz
vor einer genetischen Diskriminierung im Versicherungswesen: Das
freiwillige Moratorium biete keine rechtsverbindliche
Grundlage.
Auf Widerstand stößt die Vorlage der Grünen bei
der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände (BDA). Bei der Prüfung der
gesundheitlichen Eignung eines Arbeitnehmers sei nach herrschender
Auffassung auch heute schon ohne gesetzliche Regelung eine
genetische Untersuchung unzulässig. Ein verstärkter Trend
zu Genomanalysen sei, so die BDA-Erklärung, ohnehin nicht
auszumachen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung zum
Arbeitsleben sei "überflüssig", das Arbeitsrecht sei
jetzt schon "überreguliert".
Der DGB indes fordert ein grundsätzliches
Verbot von Benachteiligungen aufgrund genetischer Veranlagungen.
Gentests dürften nur im medizinischen Bereich zu
therapeutischen Zwecken vorgenommen werden. Bei der Anhörung
wiesen mehrere Sachverständige auf die Notwendigkeit einer
fachkundigen Beratung gerade bei der pränatalen Diagnostik
hin. Nicht selten komme es nach einer Krankheitsprognose für
das noch ungeborene Kind zu
Schwangerschaftsabbrüchen.
Besonders auf die Problematik der prädiktiven Untersuchung wies das Kommissariat der Deutschen Bischöfe in einer Erklärung hin, wenn also Gentests die Veranlagung zu bestimmten Krankheiten offenbaren. Das Wissen über das eventuell Wahrscheinliche sei für die Betroffenen dann besonders konfliktträchtig, wenn es für solche Krankheiten keine Therapie gebe. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit auch auf Nichtwissen müsse auf jeden Fall gewahrt werden, betont die Stellungnahme.