Abgeordnete und ihre Berufe: Josef Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Damenschneiderin und Förster, Dolmetscherin und Winzer - die Abgeordneten im Bundestag kommen aus ganz verschiedenen Berufen. Die am häufigsten vertretene Berufsgruppe bilden mit 23 Prozent die Juristen. Der Rest der insgesamt 612 Abgeordneten hat in 121 anderen Berufen und Berufungen Erfahrungen gesammelt. Eine kleine Vorstellungsrunde...
Grüne Politik liegt bei Josef Philip Winkler in der Familie. Sein Vater gehörte Anfang der 1980er-Jahre in Rheinland-Pfalz zu den Gründungsmitgliedern der sich neu formierenden Umweltpartei. Der Kampf gegen Atomkraft und Waldsterben waren Themen, die den heutigen migrationspolitischen Sprecher der BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Bundestagsfraktion stark prägten. Schon als Sechsjähriger wurde Josef Winkler von seinem Vater zu Parteiveranstaltungen mitgenommen: "Die Kinderbetreuung war super", scherzt er.
1990, mit 16 Jahren, tritt Winkler den Grünen bei. "Der Wahlkampfslogan 'Alle reden über Deutschland. Wir reden vom Klima' war visionär", erinnert er sich. Aber es gibt noch einen anderen Grund für seine Entscheidung: Der Einsatz der Grünen für Minderheiten. Ein Thema, das dem Sohn eines Deutschen und einer Inderin natürlich am Herzen liegt. Bis zu seinem 12. Lebensjahr hatte er selbst keinen deutschen Pass. Sein eigener Einwanderungshintergrund verleiht ihm heute eine größere Glaubwürdigkeit als Migrationspolitiker: "Zumindest kann ich es mir leichter erlauben, auch von Zuwanderern Einsatz in punkto Integration zu fordern, als diejenigen, die Integration aus der Theorie kennen ", meint Josef Winkler.
Er selbst hat diesen Einsatz gezeigt: Schon als Jugendlicher engagiert er sich in Parteigremien, wird als 17-Jähriger Sprecher des Kreisverbandes im Rhein-Lahn-Kreis. 1994 ist er sogar der einzige Grüne im Rat seiner Heimatstadt Bad Ems. Politik sieht Winkler zu dieser Zeit noch als Hobby. Allerdings als ein ziemlich zeitraubendes: "Als einziger Grüner im Stadtrat musste ich notgedrungen alle Ausschüsse abdecken, keiner konnte mich mal vertreten", erinnert sich Winkler. Politik wird zum Full-Time-Job.
Dabei hatte Winkler zuvor andere Pläne. Nach dem Abitur 1993 rechnet er fest damit, seinen Zivildienst im Krankenhaus zu absolvieren - er wird aber ausgemustert. "Ich war richtig enttäuscht!", erzählt Winkler. Denn die Arbeit in der Pflege gefällt ihm und so entschließt er sich zu einer Ausbildung als Krankenpfleger. Damit tritt er nicht nur als Politiker in elterliche Fußstapfen, sondern auch in punkto Berufswahl: Seine Mutter war selbst Pflegedienstleiterin in einem Krankenhaus gewesen. Doch über die Entscheidung ihres Sohnes ist sie wenig begeistert: "Sie hat mir von der Arbeit abgeraten", erzählt er. Zu hart, zu schlecht bezahlt. Und zu unpolitisch! Das wendet der Vater ein. Doch Winkler gefällt es im Krankenhaus: Fünf Jahre arbeitet er als Pfleger in der Orthopädie und Gerontopsychiatrie.
Als er aber 2002 zum ersten Mal in den Bundestag gewählt wird, muss er den Beruf schließlich aufgeben: "Ich hatte zwar verständnisvolle Kollegen, die oft den Dienst mit mir getauscht haben, so lange ich als Lokalpolitiker tätig war", erzählt Winkler. Aber mit dem Bundestagsmandat sei der Pflegeberuf nicht mehr vereinbar gewesen. Die Entscheidung fiel nicht schwer - vielleicht auch, weil Politik für ihn so etwas wie Berufung ist. Eine Rückkehr in die Pflege kann er sich heute jedenfalls nicht mehr vorstellen: "Dafür hat sich in den sechs Jahren im Parlament mein Horizont zu sehr erweitert", sagt Winkler nachdenklich.
Sollte die Zeit im Bundestag einmal zu Ende sein, wird sich Josef Winkler eben neue Ziele stecken. Eine Arbeit im Pflegemanagement oder doch noch ein Studium? Solche Fragen bereiten Winkler kein Kopfzerbrechen: "Ich bin immer gut damit gefahren, Entscheidungen dann zu treffen, wenn sie anstehen", sagt Winkler gelassen. Und bis es soweit ist, macht er eben das, was ihn am meisten interessiert: Politik.