Innenausschuss befragte Experten zur Bundespolizei
Die Forderung nach einem Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundespolizei wird von Experten unterschiedlich beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zum Polizeiaufbau in Afghanistan am Montag, dem 15. Dezember 2008, sprachen sich zwei Sachverständige ausdrücklich gegen einen vorherigen konstitutiven Bundestagsbeschluss bei Polizeimissionen im Ausland aus.
Bernd Brämer, Präsident der
Bundespolizeiakademie, und Kurt Graulich, Richter
am Bundesverwaltungsgericht, erklärten, ein
Parlamentsvorbehalt sei weder erforderlich noch vom Grundgesetz
vorgesehen. Es gebe „deutliche Unterschiede zwischen
polizeilichen und militärischen Einsätzen“, sagte
Brämer.
Der Grundsatz der Gewaltenteilung und die Stellung der Polizei in Deutschland sprechen laut Graulich gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Für einen „politischen Parlamentsvorbehalt“ als Rückhalt für die Beamten im Auslandseinsatz plädierten hingegen Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei und Dieter Schenk, Honorarprofessor der Universität Lodz.
Radek betonte, die parlamentarische Befassung drücke aus, wie
das Parlament hinter einem bestimmten Einsatz stehe. Es gehe nicht
in erster Linie um Kontrolle der Regierung, sondern um eine
Mitverantwortung des Bundestages, der mit seiner Zustimmung die
außenpolitische Tragweite eines Einsatzes
überprüfe, so Schenk.
Massive Kritik an den internationalen Bemühungen zum Polizeiaufbau in Afghanistan übte der frühere UN-Sondergesandte für Afghanistan, Tom Koenigs: Die Mission sei „schiefgelaufen“. Die internationale Gemeinschaft sei völlig unvorbereitet gewesen: „Es gab kein Blueprint.“
Insbesondere bemängelte Koenig, dass beim Aufbau der
nationalen Polizei auf frühere Kräfte
zurückgegriffen worden sei; man hätte vollkommen neu
aufbauen sollen. Außerdem müsse dringend dafür
gesorgt werden, dass die Gehälter der afghanischen Polizisten
erhöht werden.
Notwendig seien ein „integriertes und abgestimmtes Konzept“ und ein „hohes finanzielles Engagement“ der Weltgemeinschaft, um in fünf bis zehn Jahren eine funktionierende nationale Polizei zu haben. Dazu gehöre zum Beispiel die „drastische Erhöhung“ der Zahl der Ausbilder und Mentoren für die Polizei im Land.
Für eine Erhöhung des Personalbestandes sprach sich auch
Peter Horst (zurzeit EUPOL) aus. Die zurzeit
für die zivile EU-Polizeimission EUPOL tätigen 234
internationalen Kollegen – davon 42 Deutsche –
müssten, wie im Mandat vorgesehen, verstärkt, ihre Zahl
müsse auf 400 angehoben werden. Einig waren sich die
Sachverständigen in ihrer Empfehlung, am Prinzip der
Freiwilligkeit bei der Teilnahme an Auslandseinsätzen
festzuhalten.
„Die hohe internationale Anerkennung der Arbeit deutscher Polizeikräfte ist auch auf den Freiwilligkeitsgrundsatz zurückzuführen“, betonte etwa Dieter Wehe, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen. Wehe lobte ferner die Zusammenarbeit zwischen Bundespolizei, Bundeskriminalamt und den Landespolizeien. „Der Einsatz deutscher Kräfte im Ausland ist eine gemeinsame Aufgabe“, sagte auch Radek.