Berlin: (hib/BOB) Der Kindesunterhalt soll
nach Planungen der Bundesregierung zur Reform des Unterhaltsrechts
den Vorrang vor anderen Ansprüchen erhalten. Dies erklärt
die Regierung in ihrer Antwort (
15/6003) auf eine Große Anfrage der
FDP-Fraktion (
15/3117) vom April dieses Jahres. Kinder
könnten nicht für sich selbst sorgen und bedürften
damit eines besonderen Schutzes. Besonders schutzbedürftige
minderjährige und in der Ausbildung befindliche Kinder bis 21
Jahre sollen sich unterhaltsrechtlich deshalb im ersten Rang
befinden. Den zweiten Rang sollen Kinder betreuende Elternteile und
- aus Gründen des Vertrauensschutzes - langjährige
Ehegatten einnehmen. Sonstiger Ehegattenunterhalt solle in den
dritten Rang fallen. Ein weiterer Schwerpunkt der Reform sei die
Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung. Die
geänderte Lebenswirklichkeit gerade im Hinblick auf die
zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen und die damit
einhergehende gesteigerte Akzeptanz des Grundsatzes der
Eigenverantwortung nach der Ehe müsse sich auch im
Unterhaltsrecht niederschlagen, argumentiert die Regierung. Sie
macht deutlich, die Einverdienerehe werde seltener; immer mehr
verheiratete Frauen - auch mit Kindern - seien berufstätig.
Nach der Scheidung nehme die Erwerbstätigkeit der Frauen noch
einmal deutlich zu; die weitaus meisten allein erziehenden
Mütter seien erwerbstätig. Andererseits werde laut einer
Untersuchung immer noch in viel zu vielen Fällen kein
Kindesunterhalt bezahlt. In 31 Prozent aller Fälle erhielten
unterhaltsberechtigte Kinder den Unterhalt nicht in der
festgelegten Höhe, unregelmäßig oder gar nicht.
Allerdings stehe nach einer anderen Studie fest, dass die
Zahlungsbereitschaft bei Kindesunterhalt deutlich höher sei
als beim Ehegattenunterhalt. Die Reform des Unterhaltsrechts sehe
zugleich eine Anpassung der geltenden Regelungen an die
geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse sowie die
Verbesserung und Vereinfachung der Bestimmungen vor. Dies entlaste
auch die Justiz. Nach Ansicht der Regierung sei der derzeitige,
nach der aktuellen "Düsseldorfer Tabelle" geltende
Selbstbehalt eines gegenüber den Eltern unterhaltspflichtigen
Kindes in Höhe monatlich 1.400 Euro (einschließlich 450
Euro Warmmiete zuzüglich der Hälfte des darüber
hinausgehenden Einkommens "sachgerecht". Die Tabelle geht auf das
Jahr 1962 zurück und wurde von den Familiensenaten des
Oberlandesgerichts Düsseldorf weiterentwickelt. Zu einer
weiteren Frage der Liberalen nach der familiären
Solidarität bei Unterhalt für pflegebedürftige
Eltern und gleichzeitigem Unterhalt für Kinder erklärt
die Regierung, dieser werde "nicht überstrapaziert". Sie
verweist unter anderem darauf, der notwendige Handlungsspielraum
für Unterhaltspflichtige werde dadurch gewährt, dass
zunächst vorrangige Ansprüche wie beispielsweise die der
eigenen Kinder und eines Ehegatten berücksichtigt werden
müssten. Weiter werde dem Unterhaltspflichtigen ein deutlich
erhöhter Selbstbehalt zugebilligt, und es werde ein
großzügiger Maßstab bei der Berücksichtigung
von Schulden und Verbindlichkeiten angelegt. Schließlich habe
der Bundesgerichtshof entschieden, dass die eigene angemessene
Altersvorsorge der Sorge für den Unterhaltsberechtigten
grundsätzlich vorgehe.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Michael Klein, Dr. Volker Müller,
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