Berlin: (hib/MIK) Um die Hauptursachen
für den Rückgang der tiergenetischen Ressourcen bei
Nutztieren geht es unter anderem bei der öffentlichen
Anhörung des Ausschusses für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die am Mittwochmorgen um 8
Uhr begonnen hat. Grundlage des Hearings ist der Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Neuordnung des Tierzuchtrechts (
16/2292). Wilhelm Wemheuer vom
Tierärztlichen Institut der Georg-August-Universität
Göttingen führt den Rückgang laut seiner
schriftlichen Stellungnahme vor allem auf den Zwang zurück,
"möglichst viel Milch pro Kuh, möglichst viel Ferkel pro
Sau, möglichst viel Lammfleisch pro Mutter zu verkaufen". Dies
führe nicht nur dazu, dass bestimmte Rassen bevorzugt
würden, sondern innerhalb der Rassen auch noch bestimmte
Linien oder Vatertiere. Mit der zweitbesten Rasse oder dem
zweibesten Vatertier gebe man sich nur zufrieden, wenn die
Beschaffungskosten deutlich geringer seien. Für Heike
Schneider von der Gesellschaft für ökologische
Tierhaltung zeigt sich der Rückgang tiergenetischer Ressourcen
zum einem im Verlust an "sichtbarer Vielfalt", nämlich den
zumeist regional bedeutsamen und vielfach kleineren Populationen
beziehungsweise Rassen bei den Tierarten Schwein, Rind und
Geflügel, die als Folge der züchterischen
Nicht-Bearbeitung unter veränderten Produktionsbedingungen in
der Landwirtschaft völlig oder nahezu völlig ausgestorben
seien. Demgegenüber seien die biologischen Leistungen der
landwirtschaftlichen Nutztiere in den vergangenen Jahrzehnten
wesentlich gesteigert worden. Herdendurchschnittsleistungen von
mehr als 10.000 Kilogramm Milch pro Kuh zeugten von einem enormen
Leistungspotenzial. Ein Bündel von Maßnahmen in
Züchtung, Tierernährung und Tierhaltung führten zu
diesen enormen Veränderungen, so Schneider in ihrer
schriftlichen Stellungnahme. Lothar Döring vom
Landeskontrollverband für Leistungs- und
Qualitätsprüfung Sachsen-Anhalt macht neben mangelnder
Wirtschaftlichkeit geringe beziehungsweise fehlende finanzielle
Unterstützung durch die öffentliche Hand für den
Rückgang verantwortlich. Demgegenüber stellt Carl-Stephan
Schäfer von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Rinderzüchter fest, dass sich die Zahl der Rinderrassen in
Deutschland in den letzten 50 Jahren deutlich erhöht habe. Er
weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass eine
ausschließliche Betrachtung der tiergenetischen Ressourcen
auf nationaler Ebene nicht zulässig sei. Der Erhalt der
genetischen Ressourcen sei mindestens in einem europäischen,
wenn nicht so gar in einem internationalen Kontext zu sehen.