Berlin: (hib/VOM) Bundespräsident
Horst Köhler hat Bundestagspräsident Norbert Lammert
(CDU) in einem Schreiben (
16/3866) davon unterrichtet, dass er das Gesetz
zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation (
16/1408,
16/2011) für verfassungswidrig hält.
Das Gesetz war am 29. Juni vom Bundestag und am 22. September vom
Bundesrat verabschiedet worden. Es verstoße gegen das Verbot
des Artikels 84 des Grundgesetzes, den Gemeinden und
Gemeindeverbänden Aufgaben durch Bundesgesetze zu
übertragen. Dieses Aufgabenübertragungsverbot sei ein
Ergebnis der Föderalismusreform, schreibt der
Bundespräsident. Die neue grundgesetzliche Vorschrift stelle
klar, dass Gemeinden und Gemeindeverbände als Teile der
Länder allein durch landesgesetzliche Zuweisung mit dem
Vollzug von Bundesgesetzen vertraut werden können. Das
Verbraucherinformationsgesetz gebe jedem Bürger einen
voraussetzungslosen Anspruch auf Informationen über
verbraucherrelevante Daten, die bei Behörden der Gemeinden und
Gemeindeverbände vorhanden sind, heißt es weiter.
Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes könne nicht
darauf abgestellt werden, dass kommunale Behörden nur dann
informationspflichtig seien, wenn sie sachlich für das
Lebensmittel- und Futtermittelrecht zuständig sind. Damit
füge sich das Gesetz in die Grundkonzeption der geltenden
Informationsfreiheitsgesetze ein. Diese machten einen
Informationsanspruch nicht davon abhängig, ob die
informationspflichtige Stelle sachlich zuständig ist, sondern
allein davon, ob bei der Stelle entsprechende Informationen
vorhanden sind. Die Verpflichtung der kommunalen Behörden,
Anträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz auf Herausgabe
von Informationen zu prüfen und zu bescheiden, stellt nach
Angaben Köhlers eine Aufgabenübertragung im Sinne des
Artikels 84 dar. Darin sieht der der Bundespräsident einen
klaren Verstoß gegen die seit dem 1. September dieses Jahres
geltende "negative Kompetenzvorschrift" des Artikels 84 Absatz 1
Satz 7, der "mich daran hindert, das Gesetz auszufertigen". In
einer Stellungnahme vom 30. November habe die Bundesregierung
mitgeteilt, so der Bundespräsident, dass mit den Ländern
Konsens darüber hergestellt worden sei, in Bundesgesetzen
geregelte neue Verpflichtungen für staatliche Stellen
allgemein an die zuständigen Stellen zu adressieren und
Kommunen in Gesetzen nicht zu nennen. Den "berechtigten Belangen"
des Verbraucherschutzes könne durch die erneute Verabschiedung
des Gesetzes ohne die verfassungsrechtlich unzulässige
Aufgabenzuweisung "sehr schnell" Rechnung getragen werden,
heißt es in dem Schreiben weiter.