Deutsche Bahn: Schienennetz ist nicht "verlottert"
Ausschuss für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung - 21.03.2007
Berlin: (hib/HIL) Die Deutsche Bahn AG (DB
AG) weist den Vorwurf zurück, sie habe in den vergangenen
Jahren das Schienennetz nicht ausreichend in Stand gehalten.
Einzelne detaillierte Vorwürfe, die der Bundesrechnungshof im
Entwurf eines Berichts über den Zustand des Schienennetzes
erhebe, seien zwar richtig, sagte Volker Kefer,
Vorstandsvorsitzender der DB Netz AG am Mittwochmittag bei einem
Expertengespräch im Verkehrsausschuss. Von "verlottern lassen"
des Netzes, wie es in der Öffentlichkeit heiße,
könne allerdings nicht die Rede sein. Nach Aussage der Bahn
sind im Jahr 2005 1,4 Milliarden Euro und im Jahr 2006 1,43
Milliarden Euro für die Instandhaltung des Schienennetzes
ausgegeben worden. Abgeordnete aller Fraktionen kritisierten,
dieser Betrag liege deutlich unter dem im Jahr 2001 in einer
Arbeitsgruppe von Bundesregierung, Bahn und Eisenbahnbundesamt
(EBA) kalkulierten Instandhaltungsbedarf von 1,6 Milliarden Euro
jährlich. Sowohl Oliver Kraft, Vorstand Netzinvestitionen der
DB Netz AG, als auch Vertreter der Bundesregierung wiesen aber
darauf hin, dass dieser Bedarfskalkulation eine andere Basis
zugrunde liege als heute notwendig. Mittlerweile seien die
DB-Stromversorgung, die betriebsnötige Telekommunikation und
einige Regionalnetze aus der DB Netz AG in andere Unternehmen
ausgegliedert worden. Diese Tatsache werde in der öffentlichen
wie politischen Debatte bisher nicht berücksichtigt,
kritisierte Kefer. Addiere man nämlich die nun in anderen
Unternehmensteilen für die ausgegliederten Bereiche
anfallenden Kosten von jährlich rund 183 Millionen zu den
Ausgaben für die Netzinstandhaltung, ergebe sich für das
Jahr 2005 eine Summe von knapp 1,6 Milliarden Euro, für das
Jahr 2006 gar eine Summe von gut 1,6 Milliarden Euro. Kefer wies
des Weiteren darauf hin, dass die Instandhaltung von fast 70.000
Kilometern Gleis, 80.000 Weichen und 25.000 Brücken eine
"Herkulesaufgabe" sei, bei der die Behebung von bekannten Problemen
eine lange Vorlaufzeit habe. Außerdem sei - wenn von
Instandhaltungsrückständen gesprochen werde - zu
berücksichtigen, dass benötigte Materialien nicht
permanent verfügbar seien. Derzeit beispielsweise sei es
schwierig, ausreichend Stahl auf dem Weltmarkt zu bekommen, sagte
Kefer. Uwe Wartenberg, Abteilungsleiter beim Bundesrechnungshof,
wies auf das von Grund auf bestehende Spannungsverhältnis von
gemeinwohlorientierter Infrastrukturverantwortung und
betriebswirtschaftlicher Arbeitsweise der DB AG hin. Für den
Bund ergäben sich finanzielle Risiken aus der bestehenden
Finanzierungsvereinbarung: Ersatzinvestitionen, beispielsweise
für den Neubau maroder Gleise, muss der Bund leisten.
Abgeordnete aller Fraktionen kritisierten außerdem das daraus
resultierende "falsche Anreizsystem". Denn, so die Abgeordneten,
nach diesem System werde die Bahn durch den vom Bund finanzierten
Ersatz der Gleisanlagen (Ersatzinvestitionen) "belohnt", wenn sie
ein Gleis länger nicht - auf eigene Kosten - Instand gehalten
habe. "Es ist Kosten schonender für alle Beteiligten, wenn wir
so pflegen, dass wir die Gleise möglichst lange liegen lassen
können", wies Kefer diesen Vorwurf zurück. Die DB Netz AG
habe schließlich "ein vitales Interesse" daran, dass das
Schienennetz in einem guten Zustand sei, so der DB Netz-Vorstand.
In einem Expertengespräch am 7. März hatten Vertreter von
Verkehrsverbänden, Lokführer-Gewerkschaft und Betreiber
privater Eisenbahnen übereinstimmend kritisiert, dass das
deutsche Schienennetz nicht gut gewartet sei und die Bahn statt
einer vorbeugenden Instandhaltung eine "reaktive Politik"
betreibe.
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