Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung will
dafür sorgen, dass durch den Einsatz hochleistungsfähiger
Satelliten die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik nicht
gefährdet werden. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf (
15/4763) vorgelegt, der die Rahmenbedingungen
für eine "private Erdfernerkundung" und eine weltweite
Vermarktung der dabei gewonnen Daten schafft. Geprüft werden
soll, wie Satellitendaten und -datenprodukte in den Verkehr
gebracht oder zugänglich gemacht werden. Die Prüfung wird
nach Aussage der Regierung nur erforderlich, wenn die Daten mit
einem Satellitensystem erzeugt worden sind, das deutsche
Sicherheitsinteressen gefährden könnte. An den Betrieb
solcher hochwertiger Satellitensysteme müssten daher
Anforderungen gestellt werden, die verhindern, dass Unbefugte die
Satelliten kommandieren oder deren Daten einsehen. Der Betrieb des
Satellitensystems müsse also genehmigt und beaufsichtigt
werden. Die Daten hätten mittlerweile eine Qualität, die
bis vor kurzem nur von militärischen Satelliten erzeugt werden
konnte, schreibt die Regierung. Fast alle leistungsfähigen
Satelliten seien auf US-Bauteile angewiesen. Die USA machten eine
Exportgenehmigung für diese Bauteile von nationalen Regelungen
abhängig, die auf die Sicherheitsinteressen Rücksicht
nehmen. Geplant ist, dass der Datenanbieter teilweise selbst
prüfen kann, ob die Sicherheitsanforderungen erfüllt
werden. In diesem Fall soll er die Daten überwiegend ohne
behördliche Beteiligung verbreiten können. Die Kriterien
für die Prüfung würden ihm von einer Behörde
vorgegeben. Maßgeblich seien dabei der Informationsgehalt der
Daten, die Person des Anfragenden, dessen Kunden, das angefragte
Zielgebiet und die gewünschte Zeitnähe. Stellt sich
heraus, dass Sicherheitsinteressen nicht gefährdet sind, kann
der Anbieter die Daten laut Regierung auch ohne
Verwaltungsverfahren in den Verkehr bringen oder zugänglich
machen. Seien dagegen Sicherheitsinteressen betroffen, ist dem
Entwurf zufolge eine Erlaubnis des Bundesamtes für Wirtschaft
und Ausfuhrkontrolle erforderlich. Die Behörde kann eine
Anfrage prüfen und ohne Änderungen eine Erlaubnis
erteilen. Sie kann aber auch die Verwendung und Weitergabe von
Daten bestimmter Zielgebiete, das Senden von Daten zu bestimmten
Erdbereichen, den zulässigen Sensorbetriebsmodus und die
Verarbeitungsqualität der Daten beschränken. Ebenso kann
sie den Zeitraum zwischen angefragtem Beobachtungszeitpunkt und der
Auslieferung der Daten vergrößern, um
Sicherheitsinteressen zu wahren. Die Zahl der betroffenen
Unternehmen bewegt sich nach Einschätzung der Regierung im
"einstelligen Bereich". Als Beispiele für einschlägige
Daten nennt die Regierung Höhenprofile, die zur Steuerung und
Zielführung von Lenkflugkörpern oder unbemannten
Flugfahrzeugen geeignet sind. Sie hätten das Potenzial
militärischer oder terroristischer Zielerkennung und
Zielortung von hochsensiblen Zielen wie beispielsweise
Truppenstützpunkten. Politisch könnte die Bundesrepublik
Vorwürfen ausgesetzt werden, dass militärisch verwendbare
Daten von deutschen Satellitensystemen aufgrund fehlender Kontrolle
an Dritte gelangen und dadurch andere Staaten gefährdet
werden. Derzeit entstünden in Deutschland
Erdbeobachtungssatelliten mit dem Ziel einer weltweiten
gewerblichen Vermarktung der Daten. Die Regierung nennt die
Public-Private-Partnership-Projekte "TerraSar-X" und "RapidEye",
die beide in diesem Jahr starten, aber auch Projekte wie "TanDEM-X"
(Start 2009) und "EnMap" (Start 2011) sowie die gewerbliche Nutzung
von Satelliten, die ursprünglich für staatliche Zwecke
geplant waren. Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf vier
Verwaltungsverfahren vor, die teilweise Mitteilungspflichten
enthalten. Der Bundesrat hat einen Änderungsvorschlag
unterbreitet, dem die Regierung in ihrer Gegenäußerung
zugestimmt hat. Er hat ferner darum gebeten, dass eine
softwaregestützte, automatisierbare Prüfung zugelassen
wird und dafür behördliche Zertifizierungen geschaffen
werden. Dies würde die Verantwortung für die Verbreitung
hochwertiger Daten bei der öffentlichen Hand belassen und die
Datenanbieter davon entbinden, hoheitliche Aufgaben wahrnehmen zu
müssen. Die Regierung will nach eigener Aussage prüfen,
wie ein solches Verfahren "im Rahmen der vorhandenen
Finanzierungsspielräume" umgesetzt werden kann.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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