Berlin: (hib/MPI) Lohnkostenzuschüsse
für Langzeitarbeitslose rücken näher. Der Ausschuss
für Arbeit und Soziales beschloss am Mittwoch mit den Stimmen
der Koalition zwei Gesetzentwürfe der Fraktionen von Union und
SPD (
16/5715 und
16/5714) zur Änderung des Zweiten und
Dritten Sozialgesetzbuches (SGB). Der Bundestag wird sich mit den
geänderten Vorlagen am Freitag abschließend befassen.
Die Gesetze sollen am 1. Oktober in Kraft treten. Auf Antrag der
Koalitionsfraktionen wurden die Entwürfe vor der Abstimmung
geändert. So sollen Arbeitgeber nicht nur für die
Beschäftigung von besonders schwer vermittelbaren
Langzeitarbeitslosen über 25 Jahren Zuschüsse erhalten,
sondern bereits für solche über 18 Jahren. Die
Oppositionsfraktionen kritisierten die Entwürfe im Ausschuss
scharf. Die FDP-Fraktion betonte, die Koalition wiederhole die
Fehler der Vergangenheit. Die Lohnkostenzuschüsse
brächten alle negativen Effekte von
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit sich. Mit ihnen würden
kaum Menschen in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden
können. Zudem bemängelten die Liberalen, dass die
Programme nicht nur aus Steuer-, sondern auch aus Beitragsmitteln
finanziert werden sollen. Schwarz-Rot greife den Beitragszahlern
"dreist in die Taschen". Bündnis 90/Die Grünen hielten
die Zielsetzung der Vorlagen, die Integration von
Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt zu verbessern, zwar
für richtig, nicht aber den eingeschlagenen Weg. Alle
Fachleute hätten beispielsweise vor einer Absenkung der
Altersgrenze für den Beschäftigungszuschuss (
16/5715) gewarnt. Auch die Begrenzung des
Lohnkostenzuschusses auf höchstens 75 Prozent werfe Probleme
auf. Die Linke kritisierte, dass faktisch das Ziel aufgegeben
werde, "alle Jungen in eine Ausbildung zu bringen". Zudem bestehe
die Gefahr, dass reguläre Beschäftigung verdrängt
werde. Die Koalitionsfraktionen wiesen die Kritik zurück. Die
SPD unterstrich, ein Eigenanteil von 25 Prozent an den Löhnen
sei zumutbar. Die Absenkung der Altersgrenze für den
Beschäftigungszuschuss im SGB II sei zudem nur eine Regelung
für Sonderfälle. Die Union hob hervor, die Programme
seien "kein Aufguss alter Programme". Vielmehr solle ein eng
begrenzter Personenkreis von besonders schwer vermittelbaren
Langzeitarbeitslosen angesprochen werden. Bundesweit handele es
sich um rund 100.000 Fälle. Der eine Gesetzentwurf der
Koalition (
16/5715) sieht
Beschäftigungszuschüsse für
Arbeitslosengeld-II-Empfänger vor, die mindestens zwei so
genannte Vermittlungshemmnisse aufweisen. Als Beispiele nennen die
Verfasser des Entwurfs das Lebensalter, einen
Migrationshintergrund, fehlende schulische oder berufliche
Qualifikationen, gesundheitliche Einschränkungen oder Sucht-
und Schuldenprobleme. Zudem müssten die zu Fördernden
bereits eine sechsmonatige arbeitsmarktqualifizierende
Maßnahme durchlaufen haben, ohne dass sie zu einer
erfolgreichen Jobsuche geführt hätte. Weitere Bedingung
sei, dass der Jobsuchende in den nächsten 24 Monaten
voraussichtlich keine Beschäftigung auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt aufnehmen wird. Gefördert werden nach den
Vorstellungen der Koalition Arbeitgeber mit einem
Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 Prozent. Die Förderdauer soll
in der Regel 24 Monate betragen. Die Kosten für die
Neuregelung beziffern Union und SPD ab 2010, dem ersten Jahr der
vollen Wirksamkeit, auf jährlich knapp 1,4 Milliarden Euro.
Diesen Kosten sollen Einsparungen beim Arbeitslosengeld II in
Höhe von 830 Millionen Euro gegenüberstehen. Zudem
erwartet die Koalition Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 34
Millionen Euro sowie Mehreinnahmen in den Sozialversicherungen in
Höhe von rund 370 Millionen Euro Im anderen Entwurf (
16/5714) geht es um
Arbeitslosengeld-II-Empfänger unter 25 Jahren. Betriebe, die
solche Personen einstellen, sollen einen Qualifizierungszuschuss
erhalten. Voraussetzung ist, dass die Einzustellenden mindestens
sechs Monate arbeitslos waren, ohne Berufsabschluss sind und sie
während der geförderten Beschäftigung betrieblich
qualifiziert werden. Nach den Plänen der Koalition werden
Arbeitgeber für längstens zwölf Monate mit 50
Prozent des Arbeitsentgeltes gefördert, wobei mindestens 15
Prozentpunkte für die Qualifizierung des bislang Arbeitslosen
reserviert sein müssen. Der Bruttolohn dürfe 1.000 Euro
nicht übersteigen. Ferner ist ein Eingliederungszuschuss
für jüngere Arbeitnehmer vorgesehen. Dieser richte sich
an Arbeitgeber, die jüngere Menschen einstellen, die trotz
eines Berufsabschlusses mindestens sechs Monate arbeitslos waren.
Nach dem Willen von Union und SPD werden solche Unternehmen
für längstens zwölf Monate mit mindestens 25 und
höchstens 50 Prozent des Arbeitsentgelts unterstützt.
Auch in diesem Fall sei eine Bemessungsobergrenze von 1.000 Euro
brutto monatlich geplant. Die Regelungen sollen bis Ende 2010
befristet sein. Die jährlichen Aufwendungen für beide
Zuschüsse werden auf bis zu 250 Millionen Euro jährlich
geschätzt.
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