Berlin: (hib/SUK) Die Bundesregierung
hält es nicht für erforderlich, Konsequenzen aus einem
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
(EGMR) zu ziehen, in dem im September 1995 befunden wurde, der
"Radikalenerlass" verstoße gegen elementare Bestandteile der
Menschenrechte. Damals hatten die Richter über den Fall einer
Lehrerin entschieden, die sich aktiv für die KKP engagiert
hatte und daraufhin als Lebenszeitbeamtin aus dem Schuldienst
entfernt worden war. In ihrer Antwort (
16/6210) auf eine Kleine Anfrage der
Linksfraktion (
16/6128) weist die Regierung darauf hin, der
EGMR habe auch klargemacht, dass Deutschland "aufgrund seiner
historischen Erfahrungen" das Recht habe, von seinen Beamten "die
Treue zu den den Staat begründenden
Verfassungsgrundsätzen zu verlangen". Zudem könnten aus
einem konkreten Einzelfall keine allgemeinen Konsequenzen gezogen
werden. Man sehe die als rechtmäßig anerkannten
Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue
"auch weiterhin als notwendig" an. Der Bundestag habe
gesetzgeberische Konsequenzen aus dem Fall abgelehnt. Weiter
schreibt die Regierung, der so genannte Radikalenerlass sei durch
den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 1975 zur
Treuepflicht im öffentlichen Dienst überholt. Hintergrund
für die Prüfung der verfassungstreue sei der Grundsatz,
dass "dem Beamten eine besondere politische Treuepflicht
gegenüber dem Staat und seiner Verfassung obliegt". Die
Länder führten die Überprüfung der Bewerber
für den öffentlichen Dienst nach speziellen
Grundsätzen in eigener Zuständigkeit durch. Von der
Linksfraktion angesprochene Menschenrechtsverstöße bei
der Einstellungspraxis der Länder seien der Bundesregierung
"nicht bekannt". Derzeit seien weder bei deutschen Gerichten noch
auf Ebene europäischer Gerichte Wiederaufnahmeverfahren von
Angehörigen des öffentlichen Dienstes
anhängig.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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