Berlin: (hib/HAU) Der Familienausschuss
hat sich in seiner Sitzung am Mittwochvormittag nicht auf eine
gemeinsame Linie beim Schutz vor Genitalverstümmelungen
einigen können. Mit den Stimmen der Koalition wurden
Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (
16/3542), der FDP-Fraktion (
16/3842) und der Fraktion Die Linke (
16/4152) abgelehnt. Zwar gebe es in vielen
Fragen eine Übereinstimmung, so die Union, doch teile man
beispielsweise die Forderung nach einer Meldepflicht für
Ärzte, die mit Genitalverstümmelungen konfrontiert
werden, nicht. Das schaffe nur ein Klima des Misstrauens und
verhindere, dass betroffene Frauen Ärzte aufsuchen. Die SPD
bedauerte, dass sich die Verhandlungen in der Koalition über
einen eigenen Antrag so lange hingezogen hätten. In Kürze
werde man jedoch einen Antrag vorlegen, was immerhin ein Grund sei,
erneut über dieses "wichtige Thema" zu reden. Die Ablehnung
der Oppositionsanträge, so die SPD, sei unter anderem mit der
geplanten Änderung im Strafrecht zu begründen. Danach
soll Genitalverstümmelung als schwere Körperverletzung im
Strafgesetzbuch ausdrücklich erwähnt werden. Dies
könne jedoch das Aufenthaltsrecht der Eltern gefährden,
was nicht angestrebt werden dürfe. Aus Sicht der Grünen
ist die ausdrückliche Erwähnung im Strafgesetzbuch ein
wichtiges Zeichen an Migranten, dass Genitalverstümmelungen in
Deutschland nicht geduldet werden. Die vorgebrachten Einwände
wiesen die Grünen zurück. Es sei damit keine
zwangsläufige Gefährdung des Aufenthaltrechts verbunden.
Sie forderten auch eine Neubewertung der "sicheren Drittstaaten",
in die ausgewiesen werden dürfe. In Ländern wie etwa
Mali, Benin oder Ghana seien Frauen und Mädchen stark von
Genitalverstümmelungen bedroht. Für eine konsequente
Strafverfolgung in Deutschland plädierte die FDP, die
allerdings die ausdrückliche Benennung der
Genitalverstümmelung als schwere Körperverletzung im
Strafgesetzbuch ebenfalls ablehnt. Die Liberalen traten vielmehr
für eine Sensibilisierung der Bevölkerung und für
die Fortbildung von Ärzten ein. Die Linksfraktion regte an, in
diesem Zusammenhang die Abschiebepraxis in Deutschland
"grundsätzlich zu überprüfen". Sollten Eltern
tatsächlich abgeschoben werden, führe dies zu einer
Familientrennung und damit zu einer doppelten Bestrafung der
verletzen Frauen und Mädchen. Eine Meldepflicht für
Ärzte lehnte die Linksfraktion ab. Dies würde lediglich
zu weniger Arztbesuchen führen.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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