Berlin: (hib/SKE) Bis auf Weiteres hat die Hirnforschung nicht genug Beweise, um die bisher gültige Auffassung eines "freien Willens" zu revidieren. Zu diesem Schluss kommt das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag in seinem Bericht zum Stand der Neurologie ( 16/7821). Thesen "zur Determination geistiger Vorgänge durch neuronales Geschehen im Gehirn und zum illusionären Charakter der Willensfreiheit" würden bisher nicht ausreichend durch empirische Daten gestützt. Während Neurowissenschaftler ihren Kollegen der Geisteswissenschaften vorwerfen, ihre Konzepte zum Verhältnis von Geist und Gehirn liefen auf eine immaterielle Substanz, die vom Körper unabhängig ist, hinaus, haben die Naturwissenschaftler ebenfalls noch keine befriedigende Antwort auf die Frage gefunden, wie der Mensch dazu kommt, Dingen Bedeutung zuzumessen. "Bedeutungsinhalte des Bewusstseins sind gesellschaftlich konstituiert und über Sprache und Schrift oder andere Symbolsysteme objektiviert. Wie dies auf neuronaler Ebene realisiert wird, ist bisher unverstanden", lautet ein Fazit des Berichts.
Zu den ungeklärten Fragen gehöre ebenfalls, welche Aktivitäten im Gehirn ablaufen, bevor ein Mensch lerne. Es werde heute zwar besser verstanden, warum Menschen in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich gut lernen. Doch Menschen mit Lernschwierigkeiten könne mit dem alleinigen Verweis auf die Neurophysiologie nicht geholfen werden, da bewährte Lernumgebungen oder ein effizientes Gehirn allein wirkungslos blieben. Die Ergebnisse der Hirnforschung seien noch zu unbestimmt, um konkrete Anleitungen für schulische und außerschulische Lerngelegenheiten geben zu können.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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