Berlin: (hib/MPI) Der Antrag der Linksfraktion zur Umwandlung der gesetzlichen Rente von einer Arbeitnehmer- zu einer Erwerbstätigenversicherung ( 16/6440) stößt bei einigen Experten auf grundsätzliche Zustimmung. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag sagte der Leiter für Entwicklungsfragen in der Altervorsorge bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Reinhold Thiede, für eine solche Weiterentwicklung spreche der deutliche Anstieg der Zahl der Selbstständigen in den vergangenen Jahren. Ohne eine entsprechende Anpassung des Alterssicherungssystems wäre insbesondere der Kreis der so genannten Soloselbstständigen einem relativ hohen Altersarmutsrisiko ausgesetzt. Ein Argument für eine Erwerbstätigenversicherung sei ferner, dass die Erwerbsbiographien immer unsteter würden: Immer mehr Menschen wechselten in ihrem Leben von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen in Phasen selbstständiger Beschäftigung.
Thiede plädierte - im Unterschied zur Linksfraktion - dafür, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf alle bislang nicht gesicherten Erwerbstätigen auszudehnen. Dagegen bestehe etwa für die in den Berufsständischen Versorgungswerken pflichtversicherten freien Berufe sowie für Beamte kein zusätzlicher Schutzbedarf. Ähnlich positionierte sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gab zu bedenken, dass bei einer Erwerbstätigenversicherung die zusätzlichen Beitragseinnahmen in den ersten Jahrzehnten für Leistungsausweitungen der jetzigen Rentner verwendet würden und "nicht dem Umstand Rechnung getragen wird, dass den zusätzlichen Beiträgen auch spätere Leistungsansprüche gegenüberstehen".
Die Forderung der Linksfraktion nach Rücknahme beschlossener Dämpfungsfaktoren, sowie ihre Anträge zur Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze ( 16/7038) und zur grundsätzlichen Überprüfung der Wirkungen der Riester-Rente ( 16/8495) stieß bei den Sachverständigen weitgehend auf Ablehnung. Thiede erläuterte, würde man alle Dämpfungsfaktoren streichen, würde das im Jahr 2030 zu einer Beitragssatzsteigerung von 3,2 Prozentpunkten führen. Damit liege der Beitragssatz im Jahr 2030 voraussichtlich bei 25,2 Prozent.
Keinen gesetzlichen Regelungsbedarf sah der BDA-Experte Gert Nachtigal bei der Anrechnung von Einkommen aus privater und betrieblicher Altersvorsorge. Diese sollten "weiter in voller Höhe auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden", betonte Nachtigal. Er führte aus, dass eine vollständige oder teilweise Nichtanrechnung, wie sie die FDP-Fraktion in einem Antrag zur attraktiveren Gestaltung privater Altersvorsorge für Geringverdiener vorschlägt ( 16/7177), das Nachrangigkeitsprinzip der Grundsicherung aufweiche.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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