Berlin: (hib/BOB) Es gebe keine guten Gründe dafür, dass Frauen nur sechs Prozent der Mitglieder in den Führungsgremium der Aktiengesellschaften stellten, aber 50 Prozent der Bevölkerung Norwegens repräsentierten, so der ehemalige Wirtschaftsminister Norwegens, Ansgar Gabrielsen. Es sei "peinlich", dass in einem Land, das so viel für die Gleichberechtigung getan habe, Frauen von Führungspositionen in der Wirtschaft ausgeschlossen bleiben sollten, so Gabrielsen auf einer Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag. Thema war ein Antrag der Grünen ( 16/5279), in dem sich die Fraktion dafür aussprach, dass die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften bis zum Jahr 2012 zu mindestens 40 Prozent mit Frauen besetzt sein müssten. Dafür bedürfe es einer Änderung des Aktiengesetzes.
Beate Degen von den Wirtschaftjunioren Deutschlands sprach sich gegen eine Quotierung zugunsten von Frauen für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen aus. Eine Förderung von Frauen in Führungspositionen sei grundsätzlich zu befürworten, um mittelfristig eine Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft zu erreichen. Zusätzliche Regelungen und administrative Anforderungen schränkten aber Unternehmen in ihrer Flexibilität und damit auch in ihre Wettbewerbsfähigkeit ein, so Degen. Es sei zu hinterfragen, ob durch eine Quotenregelung für Frauen in Aufsichtsräten die Rolle von Frauen in Führungspositionen gestärkt werde. Um eine Gleichstellung von Frauen in der Privatwirtschaft zu fördern, so Degen, seien andere Maßnahmen als eine Quotenregelung für Aufsichtratsgremien erforderlich. Zu nennen seien etwa die Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeiten. Patricia Solaro von der Bayer AG meinte ebenfalls, die Einführung einer Quote für Aufsichtsratsgremien führe an der Zielsetzung, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, vorbei. Eine Frauenquote im Aufsichtsrat schränke zudem die Unternehmen ein. Solaro warnte: "Dies führe zu einer Minderung des Standortes Deutschland."
Rainald Thannisch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte, seine Organisation unterstütze grundsätzlich die von den Grünen geforderte Erhöhung des Anteils von Frauen in Aufsichtsräten. Bezugsgröße solle aber keine abstrakte Zahl, sondern der jeweilige Frauenanteil im Unternehmen sein. Der DGB verpflichte sich, bis 2012 den Frauenanteil auf der Arbeitnehmerseite kontinuierlich zu erhöhen. Seine Organisation sehe aber eine "Bringschuld bei der Kapitalseite". Der Frauenanteil in Aufsichtsräten sei zurzeit fast ausschließlich durch DGB-Vertreterinnen zustande gekommen. Anne Zimmermann vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag sprach sich gegen die vorgeschlagene Regelung aus. Gesetzliche Regelungen, wie im Antrag vorgeschlagen, führten nur zur weiterer Bürokratisierung und dem Aufbau von Hindernissen für Unternehmen. Die eigentliche Ursache, so Zimmermann, läge in der eingeschränkten Berufswahl von Frauen und Mädchen und in der fehlenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In Norwegen seien die Bedingungen für erwerbstätige Eltern und vor allem für Frauen schon seit längerem deutlich besser, insbesondere, was die Kinderbetreuung betrifft.
Annette von Alemann von der Universität Bielefeld meinte, in Teilen der Gesellschaft werde immer noch die Annahme vertreten "Gute Frauen setzen sich schon von alleine durch". Dies stimme aber nicht. "Politischer Druck" sei deshalb erforderlich, ein "Bewusstseinswandel" nötig, um in den Unternehmen etwas zu ändern. Professor Jutta Glock vom Deutschen Juristinnenbund e.V. begrüßte ebenfalls den Vorschlag der Grünen. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Unternehmen mit mindestens drei Frauen in Führungsgremien größeren wirtschaftlichen Erfolg erzielten. Grundsätzlich sei auch die Förderung nach Sanktionen positiv zu werten. Allerdings forderte die Sachverständige, parallel zur Einführung der Quote auch die qualitativen Anforderungen von Aufsichtsratsmandatsträger gesetzlich zu verankern. Die Unternehmen seien zu verpflichten, potentielle Aufsichtsratkandidaten entsprechend auszubilden.
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