Berlin: (hib/KOS) Während des Irak-Kriegs hat der Bundesnachrichtendienst (BND) nach Aussage von Ludwig Mundt keine "im engeren Sinne" militärisch nutzbaren Informationen zur Lage in Bagdad an die US-Armee geliefert. Vor dem Untersuchungsausschuss erklärte der ehemalige Leiter der Abteilung Operative Beschaffung beim BND am Donnerstag, die seinerzeit in der irakischen Hauptstadt aktiven zwei BND-Mitarbeiter hätten zwar eine Vielzahl auch militärisch bedeutsamer Zieldaten nach Pullach gemeldet. Die für Auswertung zuständige Abteilung habe jedoch gemäß der von der BND-Spitze und der Bundesregierung beschlossenen Vorgaben keine "kriegsrelevanten" Erkenntnisse zur Situation in Bagdad über einen beim US-Hauptquartier in Katar stationierten BND-Verbindungsmann ("Gardist") an die Amerikaner weitergegeben. Das parlamentarische Gremium prüft, ob der BND-Einsatz der Linie der damaligen rotgrünen Bundesregierung widersprach, Deutschland mache beim Irak-Krieg nicht mit.
SPD-Obmann Michael Hartmann sah sich durch die Angaben des Zeugen in seiner Überzeugung bestätigt, dass die USA aus Pullach keine Informationen von "unmittelbarer" Bedeutung für die offensive Kriegführung erhalten haben. Auf entsprechende Vorhaltungen von Oppositionsabgeordneten sagte Mundt, als einzige Ausnahme von dieser Regel könne man die Meldung des Standorts eines irakischen Offiziersclubs einstufen. Aus seiner Sicht sei auch diese Einrichtung "kein strategisches Ziel" gewesen, doch das sei eine "Grauzone", über die "man streiten kann." Der Grüne Hans-Christian Ströbele wies darauf hin, dass das Offizierscasino nach der BND-Nachricht von der US-Luftwaffe bombardiert worden sei. Dazu sagte der Pullacher Ex-Abteilungsleiter, ein kausaler Zusammenhang lasse sich nicht belegen, das könne auch Zufall gewesen sein.
Mundt erklärte, er habe den Einsatz der beiden Agenten in Bagdad "nicht als Teilnahme am Krieg empfunden." Die deutsche Seite habe eine Beteiligung an diesem Krieg ausgeschlossen, sei aber gleichwohl an Informationen über den Irak interessiert gewesen, die auch aus eigenen Quellen stammten. Die damalige Operation sei indes ohne Unterstützung der USA und ohne Informationsaustausch mit US-Diensten nicht machbar und nicht verantwortbar gewesen, so der Zeuge. Auch auf Nachfrage der CDU-Abgeordneten Kristina Köhler sagte Mundt, dass die USA im Gegenzug vom BND über dessen Erkenntnisse aus Bagdad unterrichtet werden wollten. In diesem Zusammenhang bestätigte der ehemalige Geheimdienstler, dass der "Gardist" in Katar von US-Seite entsprechend unter Druck gesetzt worden sei. Das sei aber nicht verwunderlich gewesen. Man sei sich der "Zwangslage" bewusst gewesen, in der sich der BND damals befunden habe. Entscheidend sei jedoch, wie Pullach mit diesem Problem umgegangen sei.
Laut Mundt war sichergestellt, dass die beiden Agenten in Bagdad keinen direkten Kontakt zu US-Stellen hatten und dass die Informationsweiterleitung nach Katar allein über Pullach erfolgte. Er könne sich nicht vorstellen, dass an den "Gardisten" übermittelte "Sonderberichte", die für dessen Hintergrundwissen gedacht waren, von dem Verbindungsmann in Katar an die US-Armee gegeben worden seien. Dies habe der Betreffende wohl beurteilen können. Ströbele seinerseits erklärte, bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss hinter verschlossenen Türen habe der "Gardist" ausgeführt, er habe sich lediglich als "Bote" verstanden.
Umstritten war während der Sitzung die Frage, wie der Begriff der "militärisch bedeutsamen Information" zu definieren ist. Für den FDP-Abgeordneten Max Stadler sind beispielsweise auch Erkenntnisse über die Wirkung von Bombardierungen oder über die Stimmungslage in der Bevölkerung wichtig für die Kriegführung. Für Mundt hingegen wären etwa die Ermittlung des Aufenthaltsorts von Saddam Hussein oder die Auskundschaftung eventueller Lagerstätten von Massenvernichtungsmittel "strategische Ziele" gewesen.
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