Berlin: (hib/BOB) Die Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollen gestärkt werden. Dazu hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf ( 16/11607) vorgelegt, mit dem eisenbahnrechtliche Vorschriften an eine europäische Verordnung angeglichen werden sollen. Vorgesehen ist darin, dass Eisenbahnunternehmen für Verspätungen und Ausfall von Zügen haften müssen. Bei einer Verspätung ab 60 Minuten müssen künftig 25 Prozent des Fahrpreises erstattet werden; bei einer Verspätung von mehr als zwei Stunden sind es 50 Prozent. Dieser Betrag muss auf Wunsch in bar gezahlt werden. Außerdem ist das Eisenbahnunternehmen verpflichtet, bei einer Verspätung ab 60 Minuten Erfrischungen oder, wenn eine Übernachtung erforderlich wird, eine Hotelunterkunft anzubieten. Zeichnet sich eine Verspätung von mehr als 60 Minuten ab, kann der Fahrgast auch von der Fahrt absehen und Rückerstattung des Fahrpreises verlangen. Die EU-Verordnung würde automatisch im kommenden Dezember in Kraft treten. Die Regierung plant jedoch, sie früher gelten zu lassen.
Der Bundesrat ist der Auffassung, es sei unter anderem zu prüfen, ob und wie die im Gesetzentwurf vorgesehenen Fahrgastrechte auf den gesamten öffentlichen Personenverkehr (inklusive Bus oder Schiff) ausgedehnt werden sollen. Die derzeit aus Sicht der Fahrgäste zu beklagende unzulängliche Rechtslage sei unabhängig von einem konkreten Beförderungsmittel in allen Bereichen des öffentlichen Personenfern- und -nahverkehrs festzustellen. Wenn die Entschädigungsansprüche auch auf andere Verkehrsmittel erstreckt würden, werde eine echte Haftung für Verspätungen in einer aus unterschiedlichen Verkehrsmitteln bestehenden "Reisekette" gewährleistet. Dies würde sich in besonderem Maße positiv auf Fahrten im ländlichen Raum auswirken, bei denen bestimmte Zielorte nur in einer Kombination aus Eisenbahn und Bussen erreicht werden können.
Die Bundesregierung ist demgegenüber der Auffassung, dass die EU-Verordnung eigens auf den Eisenbahnverkehr zugeschnitten ist. Zudem erscheine es "sachgerecht", zunächst abzuwarten, wie sich die vorgeschlagene Regelung in der Praxis bewähre, und zwar insbesondere auch im Schienenpersonennahverkehr. Zu berücksichtigen sei, dass die Europäische Kommission Ende vorigen Jahres die bereits seit langem angekündigten Vorschläge für eine Verordnung über das Recht von Reisenden im Bus- und im Schiffsverkehr vorgelegt habe. Es erscheine fraglich, jetzt Regelungen festzulegen, bei denen die Gefahr bestehe, dass sie aufgrund europarechtlicher Vorgaben wieder aufgehoben werden müssten.
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