Berlin: (hib/HAU) Schlechte Bezahlung, kurzfristige Arbeitsverträge und Mängel bei der Aus- und Weiterbildung: Die Situation der Trainer von deutschen Spitzenathleten ist unbefriedigend. In diesem Punkt waren sich Abgeordnete und Experten anlässlich der Sitzung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag einig. Eine kurzfristige Lösung des Problems konnten jedoch weder die Vertreter der Sportwissenschaften noch jene des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) präsentieren. Zu komplex, so die Experten, sei die Materie.
Der Tübinger Sportsoziologe Ansgar Thiel bekräftige vor dem Ausschuss, "die größte Baustelle des deutschen Spitzensports, ist die Situation des Trainers". Ein erfolgreicher Trainer, so Thiel, sei ein gut informierter Trainer. Die Struktur der Informationsversorgung sei in Deutschland jedoch mangelhaft: "Die Verzahnung zwischen universitärer Forschung und dem Trainingsbetrieb ist nicht da." In den USA, Kanada und Australien sei zudem die Zahl der an Hochschulen ausgebildeten Trainer um ein Vielfaches höher als in Deutschland, sagte Thiel. Die Aufgaben eines Trainers, der heutzutage "kein Übungsleiter mehr ist", seien vielschichtig und vielfach unklar. Daher seien seine Leistungen auch schwierig zu evaluieren. Keinesfalls fehle es am Engagement der Trainer, stellte Jürgen Mallow, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) klar. Er kritisierte die komplizierten Anstellungsverhältnisse der Trainer, die Folge der Abhängigkeit vom Athleten und der Öffentlichkeit seien. Es müsse ermöglicht werden, dass ein hochspezialisierter Hammerwerfertrainer nach zehnjähriger Tätigkeit nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden müsse, sondern als hauptamtlicher Nachwuchstrainer weiterbeschäftigt werden könne. Derzeit fehle es jedoch an hauptamtlichen Trainerstellen: Habe es im Bereich des DLV 1992 noch 50 Stellen gegeben, seien es jetzt noch 32,5.
Auf die komplexen Anforderungen an einen Spitzentrainer verwies die Degenfechterin Claudia Bokel, die sowohl Athleten-Sprecherin des DOSB als auch Mitglied der Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ist. Der Trainer müsse einerseits eine hohe Spezialisierung in seiner Sportart haben. Anderseits müsse er auch als erster Ansprechpartner des Athleten psychologisch, sportmedizinisch, ernährungswissenschaftlich und auf der Management-Ebene gebildet sein. "Mein Trainer war zudem manchmal auch noch Busfahrer und Reiseorganisator", so Bokel. Angesichts der unattraktiven Bezahlung sei es nicht verwunderlich, dass es Probleme bei der Trainernachwuchsgewinnung gäbe. Bokel regte an, Trainer vermehrt bei Bundeswehr und Bundespolizei anzustellen. DOSB-Generalsekretär Michael Vesper verwies darauf, dass Dank einer Erhöhung der Mittel im Bundeshaushalt 2008 die Situation bei Trainern verbessert werden konnte. Die Bezüge seien um sieben Prozent angehoben worden. Zudem habe man 40 zusätzliche hauptamtliche Bundestrainerstellen geschaffen.
Die Koalitionsfraktionen betonten, mit der Aufstockung der Haushaltsmittel einen "ersten Schritt" zur Verbesserung der Situation gemacht zu haben. Probleme der Arbeitsplatzsicherheit und des Wissenstransfers müssten noch gelöst werden. Dass laut einer Studie Ansgar Thiels über deutsche Spitzentrainer 27 Prozent "informationsabstinent" seien, habe ihn "vom Hocker gerissen" sagte der Vertreter der FDP-Fraktion. Die Informationsversorgung müsse unbedingt verbessert werden. Während die Linksfraktion kritisierte, dass nur zwölf Prozent der Spitzentrainer Frauen seien, die zudem auch noch deutlich schlechter bezahlt würden als ihre männlichen Kollegen, forderten die Grünen eine bessere Bezahlung der Trainer. Dies sei wichtiger, als hohe Prämien für den Erfolgsfall auszuloben.
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