Berlin: (hib/KOS) Sprecher aller Fraktionen bezeichneten am Donnerstag im Untersuchungsausschuss die 1993 gestartete und mit Unterbrechungen bis 2003 währende Ausforschung des Publizisten Erich Schmidt-Eenboom durch den Bundesnachrichtendienst (BND) als rechtswidrig. Schmidt-Eenboom hat in Büchern auch auf Basis von BND-internen Quellen kritisch über den Auslandsgeheimdienst berichtet. Vor allem am Beispiel des Weilheimer Journalisten wollen die Abgeordneten exemplarisch die gegen mehrere Medienvertreter gerichteten Observierungsaktionen durchleuchten, die zur Aufdeckung von Lecks führen sollten, über die den Autoren Informationen aus dem Pullacher Dienst zuflossen. Ein im Auftrag des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) vom ehemaligen Bundesrichter Gerhard Schäfer erstellter und 2006 publizierter Bericht kritisiert die BND-Praxis ebenfalls und dient dem Ausschuss als Beratungsgrundlage.
Aus Sicht von Schmidt-Eenboom wusste die jeweiligen BND-Spitzen nichts von den Bespitzelungsmaßnahmen gegen ihn, verantwortlich seien wohl "Arbeitsebenen" gewesen, "die sich verselbständigt haben". Im Herbst 2005 habe sich der damalige BND-Präsident August Hanning für das rechtswidrige Vorgehen gegen ihn entschuldigt.
Der Zeuge schilderte bei seiner Befragung ausführlich Details seiner Ausspähung durch den BND, deren "Ausmaß und Tiefe" noch nicht vollständig aufgeklärt seien: Dazu zählten Beobachtungsteams in Autos, die Installierung von Teleobjektiven in einer benachbarten Dachgeschosswohnung und sogar die systematische Auswertung seines Altpapiers. Schmidt-Eenboom: "Es ging um die Ausforschung meines Kontaktnetzes." Er gab sich überzeugt, dass er in den Büros der von ihm in Weilheim betriebenen Forschungseinrichtung auch abgehört und per Richtmikrophon belauscht worden sei. Allerdings konnte er auf Nachfragen keine Belege präsentieren. Einen BND-Informanten, der Hinweise auf das Richtmikrofon geliefert habe, wolle er aus Gründen des Quellenschutzes nicht nennen. Eine Überprüfung des Telefons, die Abhörmaßnahmen bestätigt habe, sei von einem Techniker gratis und somit ohne Rechnungsbeleg vorgenommen worden, so der Zeuge.
Schmidt-Eenboom wehrte sich gegen Vorwürfe, er selbst sei seinerseits Informant des BND gewesen. Er verwies darauf, vor Gericht erfolgreich gegen die Feststellung im Schäfer-Bericht geklagt zu haben, er sei ein V-Mann des Geheimdiensts gewesen. Auch entsprechende BND-Vermerke seien falsch. Beispielsweise habe er gegenüber dem BND Quellen anderer Journalisten nicht namentlich preisgegeben. Der Publizist: "Es gab keine Kumpanei.". Er habe, so Schmidt-Eenboom, erst Jahre später erfahren, dass er beim BND mit den Tarnnamen "März" und "Gladiator" geführt wurde, was er sich nicht erklären könne.
Als "kreuzdämlich" bezeichnete es der Zeuge, drei Spenden von zusammen knapp 900 Euro nicht an den BND zurückgezahlt zu haben: Die drei Summen seien unter einem Namen an sein Institut überwiesen worden, der nicht mit dem BND in Verbindung zu bringen gewesen sei. Später habe sich ihm gegenüber ein Geheimdienstler als wahrer Spender geoutet. Offenbar, so Schmidt-Eenbohm, habe er durch diese Aktion in eine Situation gebracht werden sollen, die ihn kompromittierbar habe machen sollen. Der Journalist erhielt nach seinen Angaben vom BND 7.000 Euro Schmerzensgeld, nachdem er von Pullach wegen der gesundheitlichen Belastungen durch die Affäre Schadensersatz verlangt habe.
Nach Schmidt-Eenboom schilderte der Schriftsteller Ulrich Ritzel, wie er im Schäfer-Bericht als "Chefredakteur" und als vom BND beobachteter "Besucher" Schmidt-Eenbooms aufgetaucht ist. Offenbar wurde er von BND und Polizei aufgrund einer Verwechslung fälschlicherweise als Chefredakteur einer Ulmer Tageszeitung eingestuft. Ritzel sagte, er sitze immer noch auf Kosten von mehreren tausend Euro, die ihm wegen der Einschaltung eines Anwalts in dieser Angelegenheit entstanden seien: "Der deutsche Staat ist mir dieses Geld bis heute schuldig."
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