Berlin: (hib/CHE) Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist nicht dazu geeignet, die Einreise von Asylsuchenden nach Deutschland zu reduzieren - wie ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigt. Diese Ansicht vertrat eine Mehrheit der Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag. Auf der Tagesordnung stand ein Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/10837) zur Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Nach Meinung der Grünen führt dieses 1993 in Kraft getretene Gesetz zu einem "diskriminierenden Ausschluss von Asylsuchenden aus der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitssuchende". Die Leistungen nach dem AsylbLG würden nur zwei Drittel der Leistungen für Sozialhilfeempfänger betragen, außerdem sei die medizinische Versorgung von Asylsuchenden und Geduldeten auf die Behandlung "akuter Schmerzzustände" beschränkt, schreiben die Abgeordneten in der Begründung für ihren Entwurf.
Mario Junglas vom Kommissariat der deutschen Bischöfe betonte in der Anhörung, die Frage nach der Abschreckungswirkung des Gesetzes sei so schwierig zu beantworten, wie die Fluchtgründe unterschiedlich seien. "Die Menschen kommen nicht mit einem sozialrechtlichen Kalkül, sondern aufgrund einer Notsituation", sagte Junglas. Ulrich Becker, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Sozialrecht, sagte, es gäbe keine empirischen Befunde für die Anreiz-These. Nele Allenberg vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland wies darauf hin, dass es für Flüchtlinge aufgrund der Drittstaatenregelung ohnehin oft schwierig sei, den Ort frei zu wählen. Eine andere Meinung vertrat dagegen Michael Kleinhans vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Er betonte, dass die Schlepper sehr genau über die jeweilige sozialrechtliche Gesetzeslage in den EU-Staaten informiert seien und diese Informationen dann auch an die Flüchtlinge weitergäben.
Zur Frage der medizinischen Versorgung bemerkte Schwester Stefanie vom Kommissariat der deutschen Bischöfe: "Vor allem Kinder leiden sehr unter der eingeschränkten Versorgung." Für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege verwies Heinz Knoche darauf, dass aufgrund der Regelungen des AsylbLG wichtige medizinisch-therapeutische Behandlungen oft jahrelang verweigert würden. "Es wird hingenommen, dass Menschen über viele Jahre an schweren Krankheiten leiden", sagte er.
Bezogen auf die Gemeinschaftsunterbringung in Heimen stellte Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin fest: "Es dient nicht der Integration der Flüchtlinge, in eine Gemeinschaftsunterkunft in der Uckermark eingewiesen zu werden." Die im AsylbLG geregelte Residenzpflicht, das Verbot einer Ausbildung und der Bezug von Leistungen in Form von Sachmitteln über einen längeren Zeitraum würden die Flüchtlinge krank machen. Uda Bastians-Osthaus von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände betonte dagegen, bei den Asylsuchenden hätten es die Kommunen mit Menschen zu tun, bei denen nicht klar ist, wie lange sie sich in Deutschland aufhalten werden. "Die Gemeinschaftsunterkünfte sind deshalb eine praktische Notwendigkeit", sagte Bastians-Osthaus. Ihr Nachteil sei eine "gewisse Stigmatisierung", das sei eine Frage der Abwägung für die Kommunen.
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