Berlin: (hib/JOH) Die humanitäre Lage im Nordwesten Pakistans hat sich nach Angaben der Bundesregierung dramatisch verschlechtert. Wie der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), am Mittwochabend dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe berichtete, seien inzwischen mehr als drei Millionen Menschen auf der Flucht vor den Kämpfen zwischen pakistanischem Militär und Taliban im Swat-Tal sowie in Disktrikten Buner und Dir. Allein seit April seien mehr als 2,3 Millionen Menschen geflohen, in den vergangenen Tagen habe das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR täglich mehr als 100.000 neue Flüchtlinge registriert. Nur ein Sechstel von ihnen lebe in Flüchtlingslagern, die Mehrheit sei bei Familien oder in privat angemieteten Unterkünften untergebracht.
Die Situation in den Aufnahmegebieten sei prekär, betonte Nooke. Es herrsche Nahrungsmittelknappheit und wegen der bevorstehenden Regenzeit drohe Seuchengefahr. Derzeit herrschten in dem Gebiet zudem extrem hohe Temperaturen von über 40 Grad. Unter den Flüchtlingen sei auch eine große Zahl von Kindern.
Das Auswärtige Amt (AA) habe vor dem Hintergrund dieser dramatischen Entwicklung bereits Mitte Mai seine humanitäre Hilfe für Binnenflüchtlinge erneut um eine Million Euro aufgestockt. Damit habe das AA in diesem Jahr bereits 2,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese Mittel gingen unter anderem, berichte Nooke weiter, an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) und das UNHCR zur Versorgung der Binnenvertriebenen in den Lagern. Es würden Flüchtlingskinder mit Mangelernährung behandelt, Schwangere und stillende Frauen erhielten zusätzliche Nahrungsmittel. Darüber hinaus werde Kindern durch temporäre Schulen und Schulmaterialien der weitere Schulbesuch ermöglicht. Ergänzt werde die humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes durch Nahrungsmittel-Nothilfe des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Höhe von 10 Millionen Euro, betonte Nooke.
Nooke wies auf Anfrage von Abgeordneten deutlich darauf hin, dass die pakistanische Regierung die Flüchtlingskrise nicht ohne internationale Hilfe bewältigen könne. "Wir müssen den vertriebenen Menschen jetzt in großer Not helfen und ihnen eine neue Perspektive jenseits von Militanz und Extremismus bieten."
Die Taliban hätten unterdessen angekündigt, sich aus der Distrikthauptstadt Mingora zurückziehen zu wollen, um zivile Opfer zu vermeiden. Damit versuchten sie, dem pakistanischen Militär die alleinige Schuld für das Leid der Zivilbevölkerung zuzuschreiben, berichtete der Menschenrechtsbeauftragte. Für die öffentliche Wahrnehmung werde daher ganz entscheidend sein, dass nach dem Ende der militärischen Operation, schnell ein Wiederaufbauprozess erfolge. Nooke warnte jedoch zugleich vor einer zu frühen Rückführung der Flüchtlinge, da die Kampfgebiete zuvor nachhaltig stabilisiert werden müssten. Andernfalls bestehe die Gefahr, "dass man politisch verliert, was man zuvor militärisch gewonnen hat".
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