Berlin: (hib/HLE) Für den so genannten "Grauen Kapitalmarkt" sollen Regeln zum besseren Schutz der Anleger eingeführt werden. Darin waren sich alle Sachverständigen in einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch zu einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/13402) einig. Die Fraktion fordert in ihrem Antrag, den Grauen Kapitalmarkt durch ein einheitliches Anlegerschutzniveau zu überwinden und kritisiert, dass dieser Markt mit geschlossenen Fonds und Fantasieprodukten wie Bankgarantiegeschäften und Depositendarlehen bei allen Regulierungsvorhaben des Kapitalmarktes unangetastet geblieben sei.
Dabei sei der Graue Kapitalmarkt für den Anleger viel gefährlicher als der Wertpapiermarkt, erklärte Rechtsanwalt Peter Mattil, der geschädigte Anleger vertritt. Anteile an geschlossenen Fonds würden im Immobilien-, Medien- und Energiebereich verkauft. Hinzu kämen Genussrechte und stille Beteiligungen, die als "sichere Kapitalanlage" und Ergänzung der Altersvorsorge angeboten würden. Mattil wies darauf hin, dass Anlegern nicht nur der Totalverlust ihrer Gelder drohen könne. In solch einem Fall könnten sie in der Regel noch verklagt werden. Beim Einstieg in eine "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" hafte der Anleger sogar mit seinem gesamten Vermögen. Die Berater, die diese Produkte anbieten, wüssten in der Regel gar nicht, welche Risiken für die Kunden damit verbunden seien. Nach Angaben des Wirtschaftsjournalisten Stefan Loipfinger sind auf dem Markt neben gut geschulten Beratern auch Leute zu finden, "die gerade aus dem Knast entlassen worden sind, wo sie eine Haftstrafe wegen Betruges abgesessen haben".
Mattil forderte wie andere Sachverständige eine Ausbildung und Prüfung der Berater, die zudem eine Erlaubnis für ihre Tätigkeit haben müssten. Die Produkte des Grauen Kapitalmarktes müssten in den Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes einbezogen werden. Auch nach Ansicht von Professor Hans-Peter Schwintowski (Humboldt-Universität Berlin) sollten Anteile an geschlossenen Fonds in den Anwendungsbereich dieser Gesetze fallen, denn aus Sicht des Anlegers seien Information, Beratung und Dokumentation gerade bei Anteilen an geschlossenen Fonds von essentieller Bedeutung. Nach Angaben der Kanzlei Nieding und Barth gibt es eine große Zahl von Betrugsformen. So gebe es "schwindelhafte Gesellschaftsgründungen". Der Zweck dieser Firmen bleibe in der Regel undurchsichtig. Der Sinn von Beteiligungen an atypisch stillen Gesellschaften bestehe oft nur darin, Geld von Anlegern einzutreiben. Es gebe außerdem einen vorgetäuschten Handel mit Bankgarantien, fingierte Devisenspekulationen und betrügerische Scheck- und Wechselprogramme. Eine der gefährlichsten und aggressivsten Verkaufstechniken für betrügerische Produkte sei das Telefonmarketing. Dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) nur die Prospekte, nicht aber das Finanzprodukt materiell prüfe, sei ein großes Problem.
Ein Vertreter der BAFin erklärte, eine inhaltliche Prüfung der auf dem Grauen Markt angebotenen Produkte durch seine Behörde sei unter den gegenwärtigen rechtlichen und personellen Bedingungen nicht leistbar. Professor Christoph Kaserer (Technische Universität München) sprach sich für die Einführung einer obligatorischen Berufshaftpflichtversicherung bei Finanzmaklern aus. Kaserer hat aber Zweifel daran, dass eine Ausweitung des Aufgabenkreises der BaFin zu einem verbesserten Anlegerschutz führen würde. "Die Effektivität dieser Kontrolle ist angesichts zahlreicher Anlegerentschädigungsfälle in Zweifel zu ziehen. Auch die aktuelle Finanzmarktkrise kann nicht als Beleg für eine besonders effektive Finanzmarktaufsicht herangezogen werden", so Kaserer in seiner Stellungnahme. Die Deutsche Bundesbank forderte, die Anleger müssten etwaige Haftungsansprüche gegenüber Anbietern und Beratern auch durchsetzen können. Der "Verband geschlossene Fonds" verwahrte sich gegen die Gleichstellung der verschiedensten Anlageformen. Gerade geschlossene Fonds seien ein wichtiger Baustein für die private Vermögensbildung. Der Verband sprach sich unter anderem jedoch für eine Zulassungspflicht von Anbietern und eine materielle Prüfung der Verkaufsprospekte aus.
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