In der Sitzung des Rechtsausschusses am 17. Januar entzündete sich die Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit etwa an der Frage, ob die PKV gezwungen werden könne, Personen ohne vorherige Krankheitsprüfung in einen Basistarif aufzunehmen. Auch der geplante Steuerzuschuss für die beitragsfreie Kindermitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) löste Bedenken aus. Einige Rechtsexperten befürchten, dass dies wegen der Ungleichbehandlung von in der PKV versicherten Kindern einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht standhalten könnte. Im Ausschuss wies Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), deren Haus zusammen mit dem Bundesinnenministerium sein Plazet zur Verfassungsfestigkeit der Reform gegeben hatte, die Zweifel zurück.
Kurz nach der Ausschusssitzung warf der FDP-Abgeordnete Heinz Lanfermann im Plenum Ministerin Schmidt vor, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Reform beiseite schieben zu wollen. Die Gescholtene erwiderte, ein bezahlbarer Krankenversicherungsschutz für jeden Bürger habe "Vorrang vor Lobbyinteressen". Klagen in Karlsruhe sehe sich gelassen entgegen. Sie sei im Übrigen "fest davon überzeugt", dass die Reform am 1. April in Kraft trete. Der Gesundheitsexperte der CDU, Jens Spahn, sagte, verfassungsrechtliche Bedenken würden "sehr ernst" genommen. Allerdings gebe es kaum ein Gesetzgebungsverfahren, in dem keine derartigen Zweifel geäußert würden. Ausschlaggebend sei für die Koalition letztlich das Votum des Justiz- und des Innenministeriums.
Für die Linksfraktion machte Martina Bunge im Plenum deutlich, dass einige der Änderungsanträge zu unkalkulierbaren Kosten führten. So seien nunmehr Zuschläge für Ärzte in unterversorgten Gebieten vorgesehen, aber keine Abschläge mehr für überversorgte Gebiete. "Hier wird die Beitragssatzstabilität aufgehoben", unterstrich Bunge. Ihr Fraktionskollege Frank Spieth fügte hinzu, die Reform löse das Finanzierungsproblem der GKV nicht und zementiere die "Zweiklassenmedizin". Die Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender bemängelte, die Versicherungspflicht, von der SPD als "gesundheitpolitische Großtat" gepriesen, sei nicht mehr als das Rückkehrrecht für diejenigen, die aus der PKV herausgeflogen sind. Dagegen würden die Besserverdienenden nach wie vor nicht am Solidarausgleich beteiligt. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Elke Ferner widersprach. Künftig erhalte jeder Versicherungsschutz zu bezahlbaren Konditionen.
In zwei Sitzungen des Gesundheitsausschusses ging es in der vergangenen Woche unter anderem um die Streichung des geplanten Höchstpreissystems bei den Apotheken. Die Koalition beteuerte, die jetzt geplante Beibehaltung einheitlicher Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel führe nicht automatisch zu einem niedrigeren Sparbeitrag der Apotheken. Schließlich werde der Apothekenrabatt für Krankenkassen um 30 Cent auf 2,30 Euro erhöht. Jährlich käme es dadurch zu Kosteneinsparungen von rund 150 Millionen Euro. Ein weiterer Änderungsantrag bezieht sich auf die Beitragsbemessung von freiwillig versicherten Selbstständigen. Vom 1. April an soll nicht mehr wie bisher mindestens ein monatliches Einkommen von 1.837,50 Euro zugrunde gelegt werden, sondern nur noch ein Betrag von 1.225 Euro. Das soll laut Koalition insbesondere geringer verdienenden Selbstständigen in der Existenzgründungsphase zugutekommen.