Nur mehr 15 Monate, anstatt vormals eineinhalb Jahre, mussten sich Wehdienstleistende seit jenem Junitag in den Dienst der Bundeswehr stellen. Vor allem die Frage der Wehrgerechtigkeit stand bei der Gesetzesänderung im Mittelpunkt, die den Bundestag mit nur einer Gegenstimme passierte. Denn nur 60 Prozent der Wehrpflichtigen hatten tatsächlich mit einer Einziehung zu rechnen, sodass der Solgan "Die Dummen dienen, die anderen verdienen" die Runde machte.
Der Abgeordnete Peter Würtz (SPD) betonte für die Koalitionsfraktionen in der Plenardebatte: "Unser demokratisches Gemeinwesen kann sich den Zustand der absoluten Ungerechtigkeit auf Dauer nicht leisten." Obwohl sich nach der Änderung die Einziehungsquote nur auf 75 Prozent verbesserte, stimmte die oppositionelle CDU/CSU-Fraktion dem Vorhaben zu. Nicht ohne jedoch zu unterstreichen, dass dies lediglich "als ein Schritt zu mehr Wehrgerechtigkeit" betrachtet werden könne, so der Unionsabgeordnete Carl Damm (CDU).
Durch die verkürzten Wehrdienstzeiten konnten 40.000 bis 50.000 junge Männer zusätzlich in die Bundeswehr aufgenommen werden. Gleichwohl relativierte die Bundeswehr in ihrer "Information an die Truppe" den Erfolg des Bundestagsbeschlusses: "Eine Lösung im Sinne einer idealen Gleichberechtigung war aber auch dies nicht." Letztere könne nur durch eine Vergrößerung der Streitkräfte und eine weitere Verkürzung der Wehrdienstdauer erreicht werden.
Gleichzeitig führte die Regierung eine dreimonatige Verfügungsbereitschaft für entlassene Wehrpflichtige ein, um sich ein Reservoir an gut ausgebildeten Soldaten zu erhalten. Nach Auffassung von militärischen Fachleuten blieb die Abschreckungskraft der Bundeswehr auf diese Weise erhalten, wie auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 24. Juni 1972 feststellte.
Weiter einigte man sich auf höhere finanzielle Anreize für einen längeren Dienst bei der Bundeswehr und veränderte Musterungskategorien, wonach auch eingeschränkt Taugliche zum Wehrdienst eingezogen wurden. Parallel dazu legte das Gesetz die Dauer des Zivildienstes auf 16 Monate fest. Die Stuttgarter Zeitung vom 27. Juni 1972 schrieb zur Diskussion: "Ein Zurück gibt es nicht mehr. Der Trend zur Verkürzung ist bei allen Nato-Staaten vorherrschend." Verena Frick z