Für die Förderung des ländlichen Tourismus sind vor allem der Ausbau des Schienennetzes und der Breitbandverkabelung notwendig. Darin waren sich die meisten Experten bei einer öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses auf der "Internationalen Grünen Woche" in Berlin am Montag einig. Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs trage auch dazu bei, touristische Angebote für körperlich Behinderte und Senioren attraktiver zu machen. Ein schnellerer Zugang zum Internet sei für Gastwirte unerlässlich, da sich ein Großteil der Interessenten über das Internet informiere und anmelde.
"Ich habe 200 Schweine schneller gefüttert, als 20 E-Mails abgerufen und versandt", beklagte Edeltraud Brunner, Vorsitzende des Ferienrings Schwäbische Alb. Ihren langsamen Internetzugang bezeichnete sie als "echtes Handicap", da sich 80 Prozent ihrer Gäste über das Internet anmeldeten. Auch Erik Jennewein, Vizepräsident des Europäischen Rates der Junglandwirte, bezeichnete die Breitbandentwicklung als wichtige Maßnahme zur Förderung des "Urlaubs auf dem Bauernhof". Zudem sei die Förderung der Umgebung wichtig, um die Gegend - und damit den Aufenthalt auf dem Bauernhof - für Besucher interessant zu machen. "Die Infrastruktur um den Bauernhof muss stimmen", erklärte auch der Geschäftsführer des Rureifel-Tourismus, Gotthard Kirch. "Auf einem Bauernhof kann man keine Radtour machen, dafür braucht man gute Radwege in der Umgebung", sagte Kirch. "Es nützt wenig, wenn der Hof picobello ist, aber die Anbindung für Auto und Bahn fehlt", ergänzte Gerd Klaus Kreitz, Inhaber des Bauernhofes "Alter Gutshof".
Johann Kreiter, Experte für barrierefreien Tourismus, beklagte das in ländlichen Regionen schlecht ausgebaute Schienennetz. "Ich komme mit der Deutschen Bahn nach Regensburg, aber wie komme ich dann von dort aufs Land?", nannte er ein Beispiel. Oft seien die Räume auf Bauernhöfen durchaus für Behinderte und auch für körperlich eingeschränkte Senioren geeignet oder könnten mit geringen Mitteln angepasst werden. Doch mangels Anreisemöglichkeiten und ausreichenden Informationen im Internet könnten nicht alle Kunden die Angebote nutzen. Zudem wisse nicht jeder Landwirt, dass oft keine großen Umbauten notwendig seien. Dabei könnten barrierefreie Wege und Häuser zu einer besseren Auslastung der Häuser auch in der Nebensaison beitragen, so Kreiter.
Ute Mushardt, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft für Urlaub auf dem Bauernhof und Landtourismus in Deutschland, forderte einen Masterplan für ländlichen Tourismus. Es brauche gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern und Wirtschaft, um den Urlaub auf dem Land zu fördern. Innerhalb des Masterplans bleibe genug Raum für jeden, sich zu entwickeln, so Mushardt.
Grundlage der Anhörung waren je ein Antrag der Koalitionsfraktionen ( 16/10320) und der Fraktion Die Linke ( 16/7614). In beiden Anträgen wird der wirtschaftliche Nutzen von Bauernhofurlaub und Landtourismus hervorgehoben. 2005 seien 1,6 Millionen Urlaubsaufenthalte verzeichnet worden, Kurzurlaube ausgeschlossen, schreiben die Koalitionsfraktionen. Der Umsatz habe 943 Millionen Euro betragen. CDU/CSU und SPD fordern unter anderem einen besseres Angebot des öffentlichen Nahverkehrs auf dem Land. Auch Die Linke betont den hohen Umsatz sowie die große Zahl an Arbeitsplätzen, die direkt oder indirekt mit dem Landtourismus verbunden seien. Sie spricht sich für ein Innovationsprogramm aus, das wichtige Tourismus-Faktoren wie die demografische Entwicklung und Klimaveränderungen berücksichtigt.
Einige Experten zweifelten die in den Anträgen genannten Zahlen an. Bente Grimm vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa etwa forderte, "die Informationen müssten in einigen Bereichen überprüft werden". Beide Anträge wiesen aber in die richtige Richtung. Es fehle jedoch die "konkrete Zielebene".