WIRTSCHAFT
Minister Glos gibt eine Bürde ab. Hohe Erwartungen an Nachfolger Guttenberg
"Ach Angela, wer ist Dein nächstes Opfer?", fragte Michael Glos laut. Da hatte sie sich - männermordend, wie blutrünstige Zeitgenossen übertrieben - an die CDU-Spitze hochgekämpft. Da führte er die CSU-Landesgruppe. Er konnte nicht ahnen, dass er damals als Vormann der weiß-blauen Unionisten in Berlin mitten in seinen zwölf "besten Jahren" steckte, wie er sich jetzt mit wehmutsfeuchten Augen erinnerte. Dass er reichlich fünf Jahre später auch ein Merkel-Opfer sein würde, wie er es jedenfalls sieht.
Ein Vorher-Glos und ein Nachher-Glos mischten in der Politik mit, wie sie unter-schiedlicher nicht sein konnten. Vor jenem denkwürdigen Herbst 2005, als die CSU-Lichtgestalt Edmund Stoiber den Sprung nach Berlin ins Wirtschaftsministerium unverhofft scheute, da gab es den begnadeten Polemiker und ausgebufften Strippenzieher Glos. Nachher: Der Glos, der eher zurückgezogen agierte, der sich etwa zur Verblüffung vieler bisweilen den Schneid abkaufen ließ im öffentlichen Gesetzesgefeilsche mit Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD).
Den Rücktritt des Wirtschaftsministers nutzte die Opposition zu Attacken in einer Aktuellen Stunde am 11. Februar. "Wirtschaftspolitische Orientierungslosigkeit", stellte Fraktionsvorsitzende Renate Künast fest. Patrick Döring (FDP) sagte, Glos sei der "letzte Mohikaner der Ordnungspolitik" gewesen, während Axel Troost (Linksfraktion) den Ministerwechsel für eine "Blamage" hielt. Die Koalition hielt dagegen. Von "Karnevalsreden" der Opposition sprach Laurenz Meyer (CDU), für Ute Berg (SPD) handelte es sich um "kabarettistische Auftritte" der Opposition. Glos verzichtete zu einem naheliegend Zeitpunkt auf sein Amt: Wer den Vorher-Glos vor Augen hat, kann sich vorstellen, dass er Demütigungen nicht länger ertragen konnte - von der Kanzlerin (so sein Empfinden), von CSU-Chef Horst Seehofer (der bereits Nachfolge-Überlegungen lancierte).
Und für die Union tat Glos nach Einschätzung von Beobachtern genau das Richtige: Er hätte nichts mehr bewegen können, weil man ihn nicht gelassen hätte, würde er sagen. Sein Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg - nach anfänglicher Oppositions-Häme dann doch allgemein als blitzgescheit und eloquent eingestuft - wird nun zumindest die personelle Präsenz der Unions-Wirtschaftskompetenz deutlicher vorführen.
Minister für nur acht Monate? Es kann ja sein, dass Guttenberg mit seiner Amtsführung besticht. Es kann ja sein, dass es nach der Bundestagswahl zu Schwarz-Gelb kommt. Wer bei der FDP mehr oder minder heimlich auf den Job des Wirtschaftsministers ab Herbst schielt, der wird sich jetzt so seine Gedanken machen.
Der Glos-Michel guckt sich das dann aus der Perspektive des einfachen Wahlkreisabgeordneten an - mit dem hoffentlich wiedergekehrten hintergründig-fränkischen Humor.