Die Deutsche Bahn AG (DB AG) hat auch Kontobewegungsdaten der Korruption verdächtigter Mitarbeiter und betroffener Firmen ausforschen lassen. "Die DB hat solche Aufträge erteilt", sagte der oberste Korruptionsbekämpfer des Konzerns, Wolfgang Schaupensteiner, am 11. Februar im Verkehrsausschuss. Im vergangenen Jahr hatte Schaupensteiner vor dem Ausschuss betont, dass es solche Überprüfungen nicht gegeben habe. Diese Aussage sei nach damaligem Kenntnisstand korrekt gewesen, mittlerweile habe sich aber herausgestellt, dass es solche Ausforschungsaufträge gegeben habe. Wer die Aufträge erteilt und in welcher Form diese erteilt worden seien, könne derzeit allerdings nicht geklärt werden. Das sei Gegenstand einer Untersuchung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und einer Anwaltskanzlei. Der Bahnvorstand habe keine Kenntnis dieser Aufträge gehabt, betonten sowohl Schaupensteiner als auch der Vertreter des Bahnvorstandes, Otto Wiesheu. Abgeordnete aller Fraktionen kritisierten das Vorgehen und bezweifelten, dass der Vorstand von den Überprüfungen und dem massenhaften Abgleich von Mitarbeiter- und Zuliefererdaten, der nachweislich im Jahr 1998 begonnen hat, nichts gewusst habe.
Schaupensteiner, Wiesheu und der Chef der Konzernsicherheit der Deutschen Bahn AG, Jens Puls, waren vom Ausschuss zur Überprüfung von Mitarbeiterdaten befragt worden. Wiesheu betonte, es sei nicht Ziel der Bahn, die Aufklärung über die Überprüfungen und die Ausforschung von Kontobewegungen zu behindern. "Wir wollen nicht mauern", sagte er, "aber wir sind vorsichtig geworden mit verbindlichen Aussagen." Schaupensteiner sagte, dass es "bislang keinerlei Hinweise gibt, dass Kundendaten missbräuchlich gescreent worden sind". Gleiches gelte für Daten über Politiker und Journalisten.
Großer Unmut herrschte bei den Abgeordneten darüber, dass der für die infrage stehenden Untersuchungen von Mitarbeiterdaten zuständige Leiter der Konzernrevision, Josef Bähr, nicht zur Ausschusssitzung erschienen war - obwohl seine Teilnahme bis kurz zuvor angegündigt gewesen war. Der betroffene Mitarbeiter habe am Montag um seine Beurlaubung gebeten, sagte Wiesheu. Dieser Bitte sei der Vorstandsvorsitzende und direkte Vorgesetzte, Hartmut Mehdorn, nachgekommen. Bähr wolle der Aufklärung der Mitarbeiterüberprüfungen, die die Bahn zur Korruptionsbekämpfung durchgeführt habe, nicht im Wege stehe, sagte Wiesheu.
Die Bahn hatte zugegeben, insgesamt fünf sogenannte Screenings von Mitarbeiterdaten durchgeführt zu haben. Allein bei der letzten Untersuchung 2005/2006 sollen knapp 189.000 Personaldatensätze mit knapp 320.000 Lieferantendatensätzen abgeglichen worden sein. Otto Wiesheu sagte, bei diesen Überprüfungen von Mitarbeitern und Führungskräften seien Fehler gemacht worden. So seien bei den systematischen Untersuchungen zur Korruptionsbekämpfung unangemessen viele Mitarbeiterdaten geprüft worden. Der Datenschutzbeauftragte und der Betriebsrat seien entgegen den Vorschriften im Betriebsverfassungsgesetz nicht einbezogen worden. Dies sei ein Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz, gestand Wiesheu auf Nachfrage der CDU/CSU-Fraktion ein. Ausweislich eines Zwischenberichts zur "Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit von Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in den Jahren 1998-2007", den die Bahn dem Parlament und der Bundesregierung am 10. Februar vorgelegt hat, schließt die Bahn nicht aus, "dass Dienstleister bei ihren Ermittlungen auch gegen Gesetze verstoßen haben und dass solche Gesetzesverstöße teilweise in Kenntnis und Billigung von Mitarbeitern der DB AG zustande kamen". Da die Abgeordneten mit den Aussagen der geladenen Bahnmanager und den Ergebnissen der Befragung fraktionsübergreifend höchst unzufrieden waren, haben sie für die nächste Sitzung am 4. März Bahnchef Hartmut Mehdorn und den Chef der Konzernrevision, Josef Bähr, einbestellt.