"Was einst Kolonie war, wird Herr über Europa", sprach der Philosoph Karl Jaspers 1946. Soweit ist es noch nicht. Aber der weltwirtschaftliche Wandel von heute lässt ehemalige Kolonisierer mehr und mehr wie Kolonisierte erscheinen. Vor allem die Chinesen und Inder haben aus den Expansionslehren ihrer einstigen "Herren" gelernt und drehen den Spieß nun um.
Ganz so weit geht der Globalisierungshistoriker Sebastian Conrad in seiner exzellenten Analyse der "Deutschen Kolonialgeschichte" zwar nicht. Dass es statt ausschließlicher Dominanz oder Hegemonie auch "zahlreiche Wechselbeziehungen und Austauschverhältnisse" zwischen beiden Seiten gab, steht für ihn fest. Obgleich Deutschland nur 30 Jahre lang in relativ wenigen Gebieten Afrikas, Asiens und des Pazifiks herrschte, beweist Conrad, wie nachhaltig sich koloniale Denkmuster in die deutschen Köpfe eingebrannt hat. Ebenso systematisch zeigt er aber auch, wie widersprüchlich die Herrschaftsverhältnisse in den "Schutzgebieten" aussahen. Eine klügere und kompaktere Einführung zu diesem Thema kann man sich derzeit kaum wünschen.
Deutsche Kolonialgeschichte.
Verlag C. H. Beck, München 2008; 128 S., 7,90 ¤