Gesellschaft
Ein Pädoyer für die Demokratie
Wenn laut Spiegel-Umfrage jeder vierte Bundesbürger mit der Demokratie "nicht zu-frieden" ist, stecken hinter so pauschaler Ablehnung auch eine Menge überzogene Erwartungen und falsche Vorstellungen über Demokratie. Läuft es mal nicht genauso, wie man es selbst gerne hätte, wird eben schnell über "die Demokratie" oder "die Politik" gejammert. Wer Demokratie aber nur dann gut findet, wenn es nach dem eigenen Willen läuft, offenbart ein merkwürdiges Demokratieverständnis, dem argumentativ nicht immer leicht etwas entgegenzusetzen ist. Hier kommt Christoph Möllers' handliches Büchlein gerade richtig, weil es praktische Argumentationshilfen liefert.
Verteilt auf neun Abschnitte hat Christoph Möllers 173 thesenartige Gedanken zur Demokratie formuliert. In sachlichem Ton stellt Möllers Punkt für Punkt klar, was Demokratie zu leisten im Stande ist und welche populären Irrtümer über sie herumgeistern. Demokratie ist eben kein Versprechen auf ein gutes Leben, weil die Möglichkeit des Scheiterns mit zur demokratischen Freiheit gehört. Demokratische Kompromisse sind nicht etwa "faul", denn es ist ein Irrtum, davon auszugehen, es gäbe eine "reine" politische Entscheidung. Und hinter larmoyanten Nörgeleien über "den Staat" und "die Politik" steckt nichts anderes als eine tiefe Sehnsucht, andere für das eigene Schicksal verantwortlich zu machen - mithin keine demokratische Haltung, sondern obrigkeitsstaatliches Denken. Viele offene und versteckte Ressentiments gegen die Demokratie entstammen übrigens - so Möllers - "der Kränkung darüber, dass wir weder allein auf der Welt noch wichtiger als die anderen sind". Zur Demokratie gehört eben auch die ungeheuerliche Zumutung, zu erkennen wie anzuerkennen, dass wir in der Politik Gleiche unter Gleichen sind - auch wenn wir selbst uns natürlich für etwas Besseres, Klügeres halten.
Weil Christoph Möllers sich entschieden hat, seine knappen Thesen in der Form einer Aphorismensammlung zu präsentieren, kann man das Buch sowohl "in einem Rutsch" lesen als auch punktuell wie ein Nachschlagewerk nutzen. Die übersichtliche Gliederung erlaubt eine rasche Orientierung, das Buch verzichtet auf einen theorielastigen Ansatz und ist angenehm verständlich formuliert. Fazit: Eine kurze, kluge Gedankensammlung zur Demokratie. Empfehlenswert.
Demokratie - Zumutungen und Versprechen.
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2008;
126 S., 9,90 ¤