informationsaustausch
Das neue Schengener System kommt später als geplant
Scharfe Kritik musste sich Innenkommissar Jacques Barrot am 11. März im Plenum des EU-Parlaments in Straßburg gefallen lassen. "Durch die Presse" habe man erfahren, "dass die Sicherheitstests für das neue Schengener Informationssystem II (SIS II) im Dezember fehlgeschlagen sind," beklagte die sozialistische Abgeordnete Martine Roure. Und der Liberale Henrik Lax fragte: "Glauben Rat und Kommission eigentlich noch daran, dass SIS II tatsächlich realisiert wird?" Von "unerträglichem Pfusch" sprach der CSU-Abgeordnete Bernd Posselt. "Innenausschuss und Haushaltskontrollausschuss sollten sich intensiv mit der Frage befassen."
Der Zentralrechner des SIS steht in Straßburg. Die Datenbank soll den Informationsaustausch zwischen Ermittlungsbehörden derjenigen Mitgliedstaaten erleichtern, die dem grenzfreien Schengen-Raum angehören. Die Ermittlungsbeamten können Daten über gestohlene Papiere, gestohlene Pkw oder gesuchte Personen einspeisen, auf die ihre Kollegen in anderen Ländern über ein Intranet Zugriff haben. Bereits 2007, pünktlich zur Aufnahme von neun Ländern, darunter Polen, Slowenien und Tschechien, in den Schengenraum, sollte die neue Computergeneration SIS II einsatzbereit sein. Doch in der Testphase gab es so viele Pannen, dass zunächst SIS I aufgerüstet wurde, um den symbolträchtigen Abbau der Schlagbäume zwischen West- und Osteuropa nicht zu verzögern.
Das alte Schengener Informationssystem passt nicht ins Strickmuster der regulären europäischen Institutionen. Es steht nur deshalb in Straßburg, weil sich die Regierungschefs vor zwanzig Jahren darauf geeinigt haben, den Franzosen die Regie über die Verbrecherkartei zu übertragen.
Das alte SIS betrieben die Mitgliedstaaten formal gemeinsam, sie hatten Frankreich lediglich die Regie für die praktische Durchführung übertragen. Das EU-Parlament war nicht beteiligt. Inzwischen gehört alles, was den sogenannten Schengenraum betrifft, zur gemeinschaftlichen Politik und unterliegt der parlamentarischen Kontrolle. Dennoch fühlen sich die Abgeordneten schlecht informiert. Innenkommissar Barrot räumte in Straßburg ein, dass auch das nun angepeilte Datum September 2009 nicht eingehalten werden kann. Stattdessen soll eine "Task Force" aus Mitarbeitern der beauftragten Firma Hewlett-Packard, zwei renommierten Informatikinstituten und Experten der Mitgliedstaaten die Probleme analysieren und dem Innenministerrat Anfang Juni einen Lagebericht geben. Der wird dann entscheiden, ob SIS II zu Ende geführt oder SIS I weiter aufgerüstet wird.