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Die Modernisierung der Heizungsanlage oder eine Fassadendämmung kosten viel Geld, sparen aber auch viel Energie - und helfen dem Klima
Tu? Gutes und rede drüber. In abgewandelter Form hat sich Nordrhein-Westfalen diesen Slogan zu Eigen gemacht, und zwar wenn es um Energiesparen bei Wohngebäuden geht. Die Landesregierung ließ noch zu rot-grünen Zeiten im Jahr 2003 eigens eine "Energiesparer NRW"-Plakette entwickeln, um Vorzeigebeispiele auszuzeichnen und nach außen präsent zu machen. "Nichts wirkt überzeugender als ein umgesetztes funktionierendes Beispiel", sagt auch die heute für Energiefragen zuständige Düsseldorfer Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Mehrmals hat Thoben bislang erfolgreich sanierte Projekte mit der Plakette ausgezeichnet, so auch das Einfamilienhaus von Regina Lange-Gehrmann und Klaus Gehrmann in Duisburg-Rheinhausen.
Was das Ehepaar in wochenlanger Arbeit geschaffen hat, kann sich sehen lassen: Verbrauchte ihr 1957 gebautes Einfamilienhaus vor der Sanierung jährlich noch 281 Kilowattstunden Gas pro Quadratmeter, sind es mittlerweile nur noch rund 90. Damit benötigen die Gehrmanns in etwa so viel Energie fürs Heizen wie ein modernes Niedrigenergiehaus.
Möglich gemacht haben das mehrere Maßnahmen: Dazu zählen unter anderem der Einbau einer Wärmeschutzverglasung sowie eine neue Gasheizung mit einem Brennwertkessel, die von 30 Quadratmeter Solarkollektoren auf dem Dach unterstützt wird. Außerdem haben sich die Gehrmanns ihr 2005 gekauftes Haus warm einpacken lassen: 12 Zentimeter dick ist die Wärmedämmung an den Außenwänden, 16 cm unter den Dachsparren. Warum das Duisburger Ehepaar rund 77.000 Euro in die energetische Sanierung gesteckt hat, begründete Lange-Gehrmann so: "Uns haben die steigenden Erdgaspreise zum Nachdenken veranlasst."
Trotz der seit dem vergangenen Sommer wieder teilweise gesunkenen Gaspreise empfiehlt Christian Stolte von der Deutschen Energie-Agentur (dena) Hausbesitzern, dem Beispiel von Familie Gehrmann aus Duisburg zu folgen. "Mit dem Anziehen der Konjunktur gehen die Branchenexperten von wieder steigenden Energiepreisen aus, da die langfristige Verfügbarkeit von Öl und Gas nicht größer wird", betont er.
Der dena-Mann sieht aber einen erheblichen "Innovationsstau in deutschen Heizkellern". Was sich mit Zahlen unzweideutig belegen lässt: Nach Statistiken des Bundesindustrieverbandes Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH) und der Schornsteinfeger-Innungen sind mehr als 18 Prozent aller Heizungen hierzulande älter als 24 Jahre. Veraltet sind insbesondere Öl- und Gaskessel.
Dass 70 Prozent der insgesamt 17 Millionen Heizungen mittlerweile zwischen zehn und 24 Jahre alt sind, unterstreicht Stoltes Forderung nach einer umfassenden "Erneuerungswelle": "Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass sich bei älteren Häusern 70 bis über 80 Prozent der Energiekosten durch eine energetische Sanierung sparen lassen." Nicht nur der Geldbeutel der Hausbesitzer profitiert von dieser "Energieverbrauchs-Schrumpfkur", sondern auch die Umwelt und der Klimaschutz. In Gebäuden schlummern große Einsparpotenziale: Wenn zukünftig die Sanierungsrate steigt, kann der Energieverbrauch von Gebäuden bis 2020 um 19 Prozent reduziert werden. Dies würde eine Einsparung von jährlich 70 Millionen Tonnen CO2 gegenüber 2003 bedeuten.
Wenn der dena-Fachmann von "energetischer Sanierung" spricht, dann meint er nicht nur den Austausch veralteter Heizkessel: "Wir müssen das Gebäude als Gesamtsystem sehen." Bei einer Sanierung entfallen auf die Dämmung von Außenwänden, Kellerdecken und des Daches rund 61 Prozent der eingesparten Energie, 32 Prozent entfallen auf den neuen Heizkessel und sieben Prozent auf eine modernisierte Regelungstechnik. Beim Energiesparen in und ums Haus lassen sich mittlerweile auch neue Technologien einsetzen. Wem zum Beispiel eine 20 bis 30 Zentimeter dicke Dämmschicht an der Gebäudehülle zu üppig vorkommt, kann auch sogenannte Vakuum-Isolations-Paneele wählen. Diese Platten, die in etwa mit einer schmalen Kaffeepackung vergleichbar sind, sind nur rund zwei Zentimeter dick.
Strom und Wärme lassen sich gleichzeitig mit einem Stirling-Motor oder mit einem gasbefeuerten kleinen Blockheizkraftwerk erzeugen. Letztere Variante vertreibt Hans-Hennig Jacobs, Geschäftsführer der Senertec Center Schleswig-Holstein GmbH: "Bei den aktuellen Förderzuschüssen ist selbst für Eigenheimbesitzer die Anschaffung eines Blockheizkraftwerkes noch nie so günstig gewesen."
An ein Blockheizkraftwerk hatte Gisela Sievertsen aus Schleswig nicht gedacht, als in ihrem 1950 erbauten Einfamilienhaus vor gut vier Jahren die Sanierung anstand. Nach einer eingehenden Beratung entschied sie sich neben einer kompletten Wärmedämmung für eine Kombination aus Pelletsheizung und Solarkollektoren für die Warmwassererwärmung sowie zur Heizungsunterstützung. Statt des alten Öl- steht nun ein Gewebetank in ihrem Keller, in dem die zylindrischen Holzpresslinge gelagert werden. Bei den Pellets, sagt Gisela Sievertsen, habe sie sich ganz bewusst für einen "heimischen Brennstoff" entschieden: "Bei den bekannten Abhängigkeiten von Öl- und Gaslieferungen kam es mir darauf an, künftig mit einem Brennstoff zu heizen, der bei uns in der Region wächst."
Ralf Köpke arbeitet als freier Energiejournalist in Essen.