minen und gruben
Die Anlagen können hohe Profite bringen - die Arbeiter bezahlen diese häufig mit ihrer Gesundheit
Noch während die Immobilienblase platzte, füllte sich an den Rohstoffmärkten schon die nächste Blase mit Luft. Für die Investoren war die Lage klar: Wachsende Nachfrage etwa nach Agrarrohstoffen traf auf ein begrenztes Angebot. Schwellenländer wie China und Indien benötigten immer mehr Rohstoffe. Die Ausweitung der Produktion von Biokraftstoffen tat ein Übriges, das Geschäft mit Produkten der klassischen Landwirtschaft anzuheizen. Auf der anderen Seite stagnierte der Anbau.
In dieser Situation kauften sich vor allem institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen oder Investmentfonds in die Rohstoffmärkte ein. Ihr Kalkül ging auf: Tatsächlich stiegen die Preise für Nahrungsmittel zwischen Ende 2006 und März 2008 enorm an, laut Nahrungsmittelpreisindex der Uno-Organisation für Landwirtschaft (FAO) um 71 Prozent. Für Reis und Getreide mussten die Konsumenten gar 126 Prozent mehr zahlen. Für viele Menschen in Entwicklungsländern war die tägliche Portion Reis oder Mais schnell unbezahlbar - es kam zu Protesten. "Mehr Geld für Arbeiter und Bauern", forderten Demonstranten in Indonesien und Thailand. In Haiti jagten die Bürger ihren Premierminister wegen der hohen Lebensmittelpreise aus dem Amt, die Menschen in Burkina Faso legten ihr Land tagelang durch einen Generalstreik lahm. Gewinner waren die Investoren, die prächtige Renditen auf ihre Rohstoffinvestments einstrichen. Darunter Institutionen und vermögende Privatanleger, aber sicher auch Kleinanleger, die sich auf Anraten ihres Anlageberaters mit Indexfonds auf Rohstoffe eingedeckt hatten. Getrommelt wurde ausreichend für diese Fonds: "Alle Welt spricht über Rohstoffe - mit Agriculture Euro Fonds können Sie an der Wertentwicklung von sieben wichtigen Agrarrohstoffen partizipieren", warb zum Beispiel die Fondstochter der Deutschen Bank in großformatigen Magazinanzeigen. "Begrenzt und begehrt" stand in einem Werbefoto, auf dem in einem Schubkasten Kaffee, Soja, Baumwolle, Kakao, Weizen, Zucker und Mais zu sehen waren.
Manch einer bestritt, dass Investoren mit ihren kurzfristigen Geldanlagen den Preisanstieg bei Nahrungsmitteln auslösen konnten. Hierfür gebe es allerdings viele Argumente, findet Peter Wahl von der Organisation Weed, die sich zum Ziel gesetzt hat, über weltweite Armuts- und Umweltprobleme aufzuklären. Bei einer Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit des Bundestages verwies er im Februar auf den abrupten Preissturz für Agrarrohstoffe parallel zum Ende der Rohstoffspekulationen. Ab Juli 2008 brachen die Preise ein. Angesichts der Probleme der Realwirtschaft erschienen Investoren Rohstoffinvestments jetzt als zu riskant. Sie schichteten Geld in Staatsanleihen um, insbesondere solche der USA.
Spekulation auf dem Nahrungsmittelmarkt ist kein neues Phänomen. Hohe Profite machen in der Regel die institutionellen Investoren, welche die Trends an den Märkten setzen. Kleinanleger kommen meist zu spät. Zu sehen war dies einmal mehr bei den Anlagezertifikaten für Rohstoffe: Die Hälfte der rund 1.100 in Deutschland gehandelten Produkte auf Rohstoffe wurde 2008 in Umlauf gebracht, als Öl, Kupfer, Getreide und Reis schon gewaltige Kursanstiege hinter sich hatten. Vielen Experten gilt das massenhafte Angebot von Konstrukten für Kleinanleger mittlerweile als guter Indikator für das bevorstehende Platzen einer Blase.
Wo wird als nächstes das große Geld bei Rohstoffen gemacht? Diesmal könnten die Anleger den Goldpreis in ungeahnte Höhen treiben. Sobald die Konjunkturpakete griffen, werde die Inflationsspirale in Gang gesetzt und dann werde Gold gefragt sein, sagt Peter McGuire, Chef des auf Rohstoffe spezialisierten Investmenthauses Commodity Warrants Australia. So wie er trommeln nun viele Anlageprofis für Gold. Über die Schattenseite des Golds schweigen die Verkäufer. Heutzutage wird Gold unter fast unmenschlichen Bedingungen industriell geschürft, ob in 4.000 Meter Tiefe bei extremer Hitze in Stollen unter der südafrikanischen Savanne, in von Moskitos verseuchten Löchern im Amazonas oder zwischen den Gletschern der Anden. Gold ist wertvoll, weil es knapp ist. Und es bleibt knapp, weil es nur unter extremen Bedingungen gewonnen werden kann.
Die ergiebigen Goldadern haben die Menschen längst ausgebeutet. Die Krater, die Goldminen in die Landschaft sprengen, sind so groß, dass man sie aus dem All sehen kann. Denn durchschnittlich müssen 20 Tonnen Gestein zermahlen werden, will man eine Unze (=31,104 Gramm) Gold gewinnen. Das reicht gerade mal für vier Ringe. Wenn die Mahlwerke der Steinmühlen ihre Arbeit getan haben, gießen Arbeiter meistens eine hochgiftige Zyanid-Lösung über den Gesteinsschutt, um noch die letzten Spuren Gold herauszuwaschen.
China trotzt seiner Erde das meiste Gold ab, etwa 276 Tonnen jährlich. Südafrika gewinnt mit 272 Tonnen beinahe ebenso viel, die USA 238 Tonnen. Ghana, zweitgrößter Goldproduzent Afrikas, fördert 78 Tonnen. So startet einmal pro Woche ein Hubschrauber vom Gelände der Ahafo-Mine ins 290 Kilometer entfernte Accra, der Hauptstadt des westafrikanischen Landes. Von dort geht die Lieferung mit einem Flugzeug weiter ins Ausland. Nur drei Prozent vom Verkaufserlös bleiben in Ghana, die anderen 97 Prozent bekommt der ausländische Minenbetreiber.
Der Autor ist Wirtschaftskorrespondent der "Süddeutschen Zeitung" in Düsseldorf.